Berlin. . Mit kleinen Tricks lässt sich die Belastung am Arbeitsplatz erträglicher gestalten. Alkohol und Nikotin sind schlechte Helfer, sagen Experten. Vielmehr sollten Arbeitnehmer ihren Tagesablauf besser planen. Gewerkschaften fordern verbindliche Regeln. Die lehnen die Arbeitgeber allerdings ab.
Beim Mittagessen beklagt sich eine Juristin bei ihrem Kollegen. „Ich habe noch zehn Urlaubstage aus Überstunden des letzten Jahres“, sagt sie, „aber ich weiß einfach nicht, wie ich sie abbummeln soll.“ Sie ist überarbeitet. Sozialarbeiterin Silvia F. schläft nicht gut. Immer mehr Klienten müssen betreut werden, ohne dass dafür mehr Zeit zur Verfügung steht. Beide Fälle sind symptomatisch für die Arbeitsbedingungen. Fast 60 Millionen Krankheitstage kamen aufgrund zu hoher psychischer Belastungen 2011 zusammen. Der volkswirtschaftliche Schaden ist immens. Die Zahl der Arbeitsausfälle wegen psychischer Erkrankungen ist innerhalb der letzten 15 Jahre um 80 Prozent gestiegen.
Eine Checkliste der Betriebskrankenkassen zeigt typische Stresssignale auf. Dazu gehören Schlafstörungen oder der vermehrte Griff zum Bier oder der Zigarette. Wenig Lust an den Freuden des Alltags oder an gemeinsamen Aktivitäten mit Freunden, ständige Müdigkeit, Arbeit bis zur Erschöpfung, empfundene Sinnlosigkeit und ein gestörtes Essverhalten sind ebenfalls Anzeichen für eine bedenkliche Überlastung. „Menschen können in der Regel mit solchen Situationen umgehen“, beruhigt die Krankenkasse. Es gebe Wege, um den Druck zu reduzieren und Stress zu vermeiden. Ein Rat steht obenan: Alkohol und Nikotin sind keine guten Helfer.
Kleine Veränderungen helfen schon
Mit kleinen Veränderungen lässt sich Stress vermeiden. Es beginnt mit den Dingen, die man selbst in der Hand hat. Dabei sind auch Kleinigkeiten wichtig, wenn sie den Arbeitsalltag erschweren. Nervtötende Unordnung auf dem Schreibtisch oder im E-Mail-Fach lässt sich zum Beispiel leicht beseitigen. „Setzen Sie sich und anderen klare Grenzen“, empfiehlt die BKK. Am Ende des Arbeitstages sollte auch Schluss sein mit den Grübeleien über die Probleme im Betrieb. Auch sollten Überstunden und Bereitschaftsdienste nicht zur Routine werden.
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Zu einem besseren Überblick über die Aufgaben verhilft eine gute Tagesplanung. Gut organisiert geht die Arbeit schneller und effektiver von der Hand als wenn mal hier, mal dort Hand angelegt wird. Bewusste Pausen sind ebenfalls wichtig. Ein Spaziergang an der frischen Luft macht den Kopf wieder frei. So wird es leichter, zur Ruhe zu kommen und sich neue Perspektiven zu erarbeiten. Auch die eigene Erwartungshaltung gehört auf den Prüfstand. Wer sich selbst zu viel abverlangt, gerät schnell in die Stressfalle. Ziele müssen erreichbar sein. Auch die Kollegen können helfen, wenn über zu hohe Belastungen gesprochen wird. „Das ist kein Zeichen von Versagen, sondern ein Zeichen für gute Teamarbeit“, betonen die Experten.
Führungskräfte machen Druck
Nach Einschätzung der Gewerkschaft IG Metall sind es gerade die Führungskräfte, die den Stress ihrer Untergebenen auslösen. Die Gewerkschaften fordern ein Verordnung mit verbindlichen Regeln gegen zu hohen Arbeitsdruck. Das lehnen die Arbeitgeber ab.
Einige Beispiele aus Unternehmen zeigen allerdings, dass es auch arbeitnehmerfreundlicher zugehen kann. Bei VW werden an die Besitzer hauseigener Handys eine halbe Stunde nach Ende der Gleitzeit keine Mails mehr zugestellt. Bei Bosch gibt es mittlerweile mehr als 100 verschiedene Arbeitszeitmodelle. Der Chemiekonzern Henkel stellt Betreuungsplätze für die Kinder bereit und entlastet Eltern damit erheblich.