An Rhein und Ruhr. .

Das Wirtschaftswachstum schlägt sich in manchen Branchen bereits in einer kräftigen Erhöhung des Weihnachtsgeldes wieder. DerWesten zeigt, wer profitiert.

Ein bisschen ist es beim Weihnachtsgeld so wie mit dem Nikolaus: Für die Einen gibt es Geschenke, die Anderen bekommen eins mit der Rute, respektive gehen leer aus.

Die gute Nachricht in diesem Jahr: In keinem einzigen Branchentarifvertrag wurden nach Angaben der ge­werk­schafts­nahen Hans-Böckler-Stiftung Weihnachtsgeldkürzungen vorgenommen. Vorsichtig optimistisch äußert sich deshalb ihr Experte für Tarifpolitik, Reinhard Bis­pinck, der in 23 Branchen die Vertragswerke auf weihnachtgeldliche Regelungen hin untersucht hat. Ja, so sagt er, wenn die sogenannte „Jahressonderzahlung“ als Indiz für eine wirtschaftliche Genesung herbeigezogen wird, dann seien die Unternehmen in Deutschland momentan auf dem aufsteigenden Ast.

Rund 62 Prozent der Arbeitnehmer in Deutschland fallen Bispincks Angaben nach in den Geltungsbereich eines Ta­rifvertrags. Wiederum 90 Prozent dieser tariflichen Verträge, so der Analyst, schrieben ein 13. Gehalt fest. „Die Mehrheit aller Arbeitnehmer in NRW wird – in welcher Form auch immer – eine Weihnachtsprämie erhalten“, schätzt auch Christian Nohr, Essener Fachanwalt für Arbeitsrecht.

Wer ein Recht auf Weihnachtsgeld hat

Obwohl das meist im November überwiesene Weihnachtsgeld eine grundsätzlich freiwillige Leistung der Arbeitgeber ist, können auch nicht tariflich Beschäftigte einen arbeitsgerichtlich einklagbaren An­spruch darauf haben. Und zwar, wenn, wie Nohr erläutert, ei­ner von drei Fällen zutrifft. Erstens: Ein 13. Monatsgehalt ist im Arbeitsvertrag fest verankert. Zweitens: Weihnachtsgeld muss im Sinne der „be­trieblichen Übung“ gezahlt werden, nämlich weil der Chef die Sondervergütung in den drei Jahren zuvor vorbehaltlos in gleicher Höhe zum gleichen Termin überwiesen hat. Oder drittens: Es gibt eine sogenannte „Gesamtzusage“ von den Personalverantwortlichen, ein 13. Entgelt gewähren zu wollen.

Keinen Grund zur Be­schwerde haben 2010 die Stahlarbeiter. Weil sie in diesem Jahr zwei Gehaltserhöhungen erhielten – im Januar um zwei und im Oktober um weitere 3,6 Prozent – wird auch ihr Weihnachtsgeld um 5,7 Prozent höher ausfallen als 2009, mehr Extra bekommt keiner. Thyssen-Krupp beispielsweise zahlt seinen Mitarbeitern bis zu 110 Prozent des durchschnittlichen Mo­natslohns als 13. Gehalt.

Der Chemiezweig ist laut Böckler-Experte Bispinck ei­ner von sieben Tarifbereichen, in denen die Höhe des Weihnachtsgeldes in diesem Jahr stagniert. Der Grund: Die Bran­che hatte ihre Tarifverträge inmitten der Krise ohne prozentuale Aufschläge auf den Monatslohn abgeschlossen. Beklagen können sich die Beschäftigten aber trotzdem nicht, immerhin haben sie An­spruch auf 95 Prozent Weihnachtsbonus. Der Großteil der 5500 Mitarbeiter in der Düsseldorfer Henkel-Zentrale etwa bekommt diesen Satz. Der Essener Evonik-Konzern beschäftigt viele seiner 25 000 deutschlandweit tätigen Mitarbeiter in der Chemiesparte und lässt verlauten, Weihnachtsgeld in Höhe von 50 bis 100 Prozent auszuschütten – je nach Geschäftsbereich.

Im Einzelhandel ist eine Jahressonderzahlung von 62,5 Prozent des Monatsgehalts festgesetzt. Die Beschäftigten des insolventen Kaufhausriesen Karstadt verzichten dieses Jahr je­doch darauf – im Austausch für eine Arbeitsplatzgarantie bis Au­gust 2012.

Der Metalltarifvertrag gilt beispielsweise für den Alpener Landwirtschaftsgerätehersteller Lemken, der entsprechend eine Prämie von 55 Prozent an seine Mitarbeiter ausschüttet.

Die Beschäftigten der Energieriesen RWE und Eon sind im Rahmen jeweils hauseigener Tarifverträge angestellt, die ein 13. Monatsgehalt von 100 Prozent vorsehen.

Einen identischen Satz bekommen die Angestellten der Deutschen Bahn. Weniger spendabel zeigen sich die Firmen im privaten Transport- und Verkehrsgewerbe: Mit 30 bis 40 Prozent liegen die Zahlungen unter dem Durchschnitt der branchenübergreifend üblichen Sätze.

Gänzlich ohne vorgezogene Bescherung auskommen müssen zum wiederholten Male die Gebäudereiniger. Ihr Tarifvertrag sieht kein Weihnachtsgeld vor – dabei könnten gerade sie es gut gebrauchen. „Der Bonus ist für diejenigen besonders wichtig, die sonst keine großen Sprünge machen können“, so Arbeitsrechtler Nohr. „Das Geld brauchen sie für Ge­schen­ke.“

Was in diesem Jahr letztendlich unter der geschmückten Tanne liegt, wird – entsprechend dem Weihnachtsbonus – bei den Einen wohl mehr, bei den Anderen weniger üppig ausfallen.