Köln. .

Am Freitag tritt Marijn Dekkers die Nachfolge von Bayer-Urgestein Werner Wenning an der Spitze des Chemie- und Pharmakonzerns an. Schnellere Entscheidungen und Zukäufe hat er schon angekündigt.

Der Wechsel an der Spitze des Leverkusener Chemie- und Pharmakonzerns Bayer läuft generalstabsmäßig. Erste Vorstellungsrunde des Neuen im Januar, neun Monate Einarbeitungszeit mit internationaler Rundreise und nun die Tage des Abschieds und des Neuanfangs. Die Bayer-Leute wissen: Es steht viel auf dem Spiel bei diesem Wechsel von Bayer-Urgestein Werner Wenning, der seine Karriere als Lehrling in Leverkusen begann, hin zu dem Niederländer Marijn Dekkers, ein amerikanisch sozialisierter Top-Manager, der sich als Sanierer und Umstrukturierungsexperte einen Namen gemacht hat.

Und so ist es kein Wunder, dass der 52-jährige Dekkers vor Journalisten erst einmal betont, was sich nicht ändert, begleitet von viel Lob für die Mitarbeiter und seinen Vorgänger Wenning, den er am Freitag ablöst. Er, so Dekkers, übernehme keinen „Sanierungsfall“, sondern ein „intaktes Unternehmen“ mit „hervorragenden Mitarbeitern“ und „erstklassigen Marken“.

„Evolution statt Revolution“

Weil der Wahl-Düsseldorfer natürlich weiß, das der Verkauf der Kunststoff-Sparte Bayer MaterialScience vielfach Gegenstand von Spekulationen war, schiebt er die ganz große Beruhigungspille nach: Alle drei Teilkonzerne Ge­sundheit (Healthcare), Pflanzenschutz (CropScience) und MaterialScience „sind für mich von strategischer Bedeutung. Ich sehe zum jetzigen Zeitpunkt auch keine Notwendigkeit, an diesem Portfolio etwas zu ändern“.

Eine „Bestandsgarantie für die Ewigkeit“ sei das freilich nicht. Mithin formuliert er für seinen Amtsantritt den Slogan „Evolution statt Revolution“.

„Schlankere Struktur“

Dabei erscheint der nette Herr Dekkers mit Lachfalten um die Augen und dem ruhigen Wesen durchaus glaubwürdig. Denn schließlich deutet er dann doch eine Veränderung aus der Kategorie Evolution an, die in einem über die Jahrzehnte gewachsenen Or­ganismus wie dem Bayer-Konzern auch als Revolution empfunden werden könnten. „Schlankere Struktur“, lautet das Stichwort.

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Von DerWesten

Wenn heute zehn bis zwölf Leute in Deutschland und im Ausland und überdies in den jeweiligen Geschäftseinheiten teilweise mehrfach mit einer Entscheidung zu tun hätten, gehe das „ein bisschen langsam“. Kurzum: Weniger Entscheidungsträger sollen den Tanker flotter machen. Ob das auch etwas mit der Stellenzahl in der Verwaltung mache? „Ich glaube nicht, dass das Folgen für eine große Personalzahl hat“, sagt Dekkers. Und hat noch einen Slogan im Gepäck: „Mehr Innovation und weniger Administration.“

Sympathie für hohe Investitionen

Ideen umsetzen – das ist laut Dekkers durchaus eine positive amerikanische Mana­gement-Eigenschaft. Der promovierte Chemiker lässt dann auch seine Sympathie für hohe Investitionen in Forschung und Entwicklung erkennen.

Und Zukäufe? Bayer solle profitabel wachsen, dazu gehöre auch immer die Überprüfung von Zukäufen, das gelte für die Gesundheitsparte wie für Bioscience. Selbstbewusst geht es dann weiter: „In den nächsten zwei bis drei Jahren könnten wir eine Übernahme in der Größenordnung von Schering stemmen.“ Die Pharmafirma kostete immerhin 17 Milliarden Euro.

„Mehr Frauen in Management-Funktionen“

Es ist keine Prophetie vorherzusagen, dass Dekkers den Konzern weiter internationalisieren wird. „Wir müssen in den Ländern mehr lokale Führungskräfte haben“, sagt der Niederländer und kündigt zudem an: „Mir ist auch aufgefallen, dass bei Bayer mehr Frauen in Management-Funktionen arbeiten könnten“. Eine Quote wie bei der Deutschen Telekom lehnt der künftige Bayer-Chef ab.

Dekkers, Vater dreier Töchter, ist der erste Ausländer an der Spitze des 147 Jahre alten Traditionskonzerns. Der bis Freitag amtierende Bayer-Wenning war an der Auswahl von Dekkers maßgeblich beteiligt. Der in Tilburg geborene Dekkers, der einen US-Pass besitzt, habe die Kultur bei Bayer sehr gut verstanden. Insbesondere, was die starke Ausrichtung auf die Forschung angehe, sagt Wenning, der am Freitag nach 44 Jahren bei Bayer den Staffelstab an Dekkers übergibt.