Essen. .

Der spanische Baukonzern ACS könnte bald die Hauptversammlung von Hochtief kontrollieren. Aktionärsschützer warnen vor einer Vermögensverschiebung.

Inzwischen haben sie sich eingerichtet. Auf der Seite des spanischen Baukonzerns ACS die Investmentbanker von Lazard, auf der anderen Seite, der von Hochtief, die von Credit Suisse und die Übernahmeprofis von Goldman Sachs. Keine Frage, dass hier wie dort Dutzende Anwälte für ihre Mandanten Stellung beziehen. Friedlich sieht anders aus, auch wenn die Spanier glauben machen wollen, es sei allein einem Informationsleck anzulasten, dass man den Hochtief-Chef nicht rechtzeitig über das Ansinnen der Übernahme habe informieren können. Herbert Lütkestratkötter kann gar nicht anders, als das Angebot als feindlich zu werten.

Schließlich kommen einige fragwürdige Umstände hinzu. Erstens: Was ist das für ein Angebot, das bei umgerechnet rund 53 Euro um einige Euro niedriger liegt als der Hochtief-Aktienkurs? ACS bietet für je fünf Hochtief-Aktien acht ACS-Aktien. Zweitens: Weshalb erkennt ACS so plötzlich Vorteile einer Übernahme, wo es seit Jahren bis auf den Bau einer Autobahn keinerlei konkrete Anstöße zur Zusammenarbeit gegeben hat? Immerhin sitzen zwei ACS-Vertreter im Aufsichtsrat von Hochtief. Drittens: Weshalb machen die Spanier just beim Besitz von 29,98 Prozent dieses freiwillige Angebot?

Im Konzernumfeld des Essener Traditionskonzerns heißt es, die Spanier um den schillernden Präsidenten des Fußballclubs Real Madrid, Florentino Perez, schlichen sich an. Sie versuchten, durch eine deutsche Gesetzeslücke zu schlüpfen, um die Macht bei Hochtief via Hintertür zu übernehmen. Hätte ACS die 30-Prozent-Schwelle erreicht, wäre der Konzern gesetzlich verpflichtet gewesen, allen restlichen 70 Prozent Hochtief-Aktionären ein offizielles Übernahmeangebot zu ma­chen. Inklusive des üblichen Kursaufschlages von rund 20 Prozent, den die Übernahme der Kontrolle gemeinhin wert ist, wären 3,5 Milliarden Euro fällig gewesen. „Das Geld haben die gar nicht”, heißt es im Konzernumfeld.

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„Die Spanier wollen diesen Aufschlag sparen und nutzen eine Gesetzeslücke aus”, sagt auch Marc Tüngler, Geschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Denn: Wenn die Aktionäre das freiwillige Umtauschangebot wie erwartet ablehnen, können die Spanier stückweise zu Marktkursen Aktien nachkaufen. Eine klare Benachteiligung der freien Aktionäre, denen so ihre Prämie entgeht – und ein Widerspruch gegen den Sinn des Wertpapierübernahmegesetzes, das mit der Vorschrift des Pflichtangebots an alle das Ziel der Gleichbehandlung verfolgt.

Tüngler fordert den Gesetzgeber dringend zur Korrektur auf und erinnert an den – auch wegen der spanischen Gesetzgebung – gescheiterten Versuch von Eon, den spanischen Energiekonzern Endesa zu übernehmen. „Es kann doch nicht sein, dass die Deutschen ihre Gesetze im­mer weiter lockern, und andere Länder wie Spanien ihre Unternehmen abschotten. Ich denke, auch wir müssen unsere Unternehmen schützen.”

Schützen vor Ausplünderung? Eine „Gefahr der Vermögensverschiebung zu Lasten der freien deutschen Aktionäre” sieht Tüngler durchaus als gegeben. Das Szenario: Nach Ablehnung des derzeitigen Angebots kauft ACS weiter zu, etwa fünf Prozent. Mit denen kommt der Konzern dann insgesamt auf 35 Prozent bei Hochtief, womit die Spanier auf der nächsten Hauptversammlung das Unternehmen kapern können: Wegen des hohen Streubesitzes der Einzelaktionäre gilt eine Präsenz der stimmberechtigten Aktien von 60 Prozent schon als hoch. ACS könnte also mit 35 Prozent Besitz die Macht übernehmen.

ACS hat hohe Schulden

Das Ziel von ACS sieht auch Tüngler „ganz klar” darin, mit einer Mehrheit an der quasi schuldenfreien Hochtief AG die eigene Bilanz aufzuhübschen, die durch Nettofinanzschulden von zehn Milliarden Euro belastet ist. Schließlich will ACS seinen Anteil an dem spanischen Energiekonzern Iberdrola von 12,6 auf 20 Prozent aufstocken.

All diese bösen Gedanken weisen die Emissäre von ACS zurück. Freundlich, partnerschaftlich, mit Beibehalt des Sitzes in Essen, gemeinsam mit dem jetzigen Hochtief-Management und ohne Beherrschungsvertrag solle die Übernahme vonstatten gehen. Das dürfte Lütkestratkötter, der gestern seinen Aufsichtsrat informierte, kaum beruhigen. Die ACS-Vertreter waren aus Gründen der Interessenskollision auf der Sitzung nicht anwesend. Selbstverständlich nicht.