Essen. Das Gefeilsche um den Autobauer Opel geht weiter. Stück für Stück legen die Interessenten ihre Karten auf den Tisch. Was Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) da zu sehen bekommt, lässt sein Herz nicht gerade höher schlagen: Magna setzt nämlich auf Hilfe vom deutschen Staat.
Es ist, wie es bei den wirklich großen Deals immer ist. Eine wochenlange Charme-Offensive, zumeist noch in kleinen Gesprächsrunden, bereitet das Geschäft vor. Später dann, wenn es mehrere Bieter gibt, verlagert sich die Schlacht aufs offene Feld. Stückchenweise rücken die Bieter Informationen raus, das Ziel ist immer dasselbe: die Öffentlichkeit gewogen stimmen.
Der Steuerzahler sitzt im Boot
Die Operation Opel befindet sich exakt in dieser Phase. Was diesen Deal allerdings von den anderen großen Übernahmen der Weltwirtschaft unterscheidet: Die Bundesregierung und mithin der Steuerzahler sitzt im Boot. Das ist für die handelnden Minister und Ministerpräsidenten nicht unbedingt ein Vergnügen. Deren Verhandlungsposition ist weniger eine Position, mehr ein Positiönchen.
Magna-Chef Siegfried Wolf und Fiat-Boss Sergio Marchionne wittern das Geschäft ihres Lebens. So günstig war Opel nie zu haben, und dann ist ein Staat auch noch bereit, für einige Milliarden Bürgschaften und Kredite gerade stehen zu wollen. Fahrlässig wäre es, ein solches Angebot nicht zu prüfen. Zumal jeder der beteiligten Manager sich sehr wohl des enormen politischen Drucks bewusst ist, den eine mögliche Opel-Pleite für die Regierenden bedeutet.
Vieles bleibt unklar
Diese ungemütliche Lage ist dem Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) nach Durchsicht der einzelnen Konzepte übers Wochenende einmal mehr ins Bewusstsein gedrungen. Denn darin ist allerhand unklar, vor allem ist unklar, wie die Bundesregierung es anstellen soll, nicht in ein dauerhaftes Risiko zu marschieren. Guttenberg jedenfalls ist wenig amüsiert darüber, dass Magna neben den vier bis fünf Milliarden Euro Staatsbürgschaft auch Hilfe der Bundesregierung bei der Bewältigung der Pensionsverpflichtungen erwartet, europaweit ist hier die Rede von sechs Milliarden, in Deutschland von drei Milliarden Euro.
Für erhebliches Stirnrunzeln hat zudem eine Passage gesorgt, wonach Magna nicht willens sei, so ohne weiteres den jüngst beschlossenen Überbrückungskredit von 1,5 Milliarden Euro zurückzubezahlen. Das dürfte für zu Guttenberg der Grund dafür gewesen sein, noch einmal mit der einzig verbliebenen Alternative in Richtung der Bieter zu drohen: „Eine Risikoanalyse, die keine Zweifel lässt, steht noch aus. Insofern bleibt auch eine geordnete Insolvenz immer noch eine Option.”
Rüttgers Nein zeigt Wirkung
Die Interessenten, auch das gehört zum Spiel, bewegen sich auch. Magna hat nach dem strikten Njet von NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) sofort reagiert. Das letzte Wort beim Abbau von 2200 Stellen in Bochum sei noch nicht gesprochen, Gespräche würden geführt, heißt es. Geholfen hat da sicherlich auch die Position von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die Rüttgers stützte, wie übrigens auch die Ministerpräsidenten der Länder mit Opel-Standorten, Kurt Beck (SPD) und Roland Koch (CDU). Allen Regierungschefs ist (abgesehen von Thüringens Althaus, heißt es in Verhandlungskreisen) sei das Erpressungspotenzial sehr bewusst: Wer sich jetzt auseinander dividieren lässt, der könnte das nächste Opfer sein.
Fiat-Boss Marchionne, der zusehen musste, wie Magna in der Gunst einiger Politiker an ihm vorbeizog, legte am Sonntag nach. 23 000 von 25 000 Stellen wolle er garantieren, die Pensionsverpflichtungen seien ins Fiat-Konzept eingearbeitet, die Ablösung der Staatsgarantien werde nach fünf Jahren zugesichert, ließ er über Bild am Sonntag wissen. Und weil Verhandeln auf dem Bazar so viel Spaß macht, wurde ebenfalls bekannt, dass Magna in Aussicht gestellt habe, zwei Prozent des Nettogewinns für wohltätige Zwecke aufzubringen.
Was aber sind solche Versprechungen wert? Von Marchionne ist die Aussage überliefert, der Daten-Raum mit allen Opel-Informationen sei mehr ein Dark-Room als eine Informationsquelle. Mit einer solchen Aussage lässt sich später alles relativieren.