München/Essen. Der Quelle-Shop von Uschi Kluge in Essen-Frohnhausen gehört zu den 20 umsatzstärksten Filialen in ganz Deutschland. Nach dem Scheitern des Verkaufs des Versandhandels Quelle Deutschland könnte auch für sie Schluss sein. Vielen der rund 7000 Mitarbeiter droht die Arbeitslosigkeit.

Am Morgen, als die Nachricht vom Aus des Versandhändlers Quelle die Runde machte, hat Uschi Kluge noch eine Waschmaschine für 699 Euro verkauft. Stolz erzählt sie, dass ihr Quelle-Shop in Essen-Frohnhausen zu den 20 umsatzstärksten Filialen in ganz Deutschland gehört.

In dem Ladenlokal stapeln sich Fernseher, Küchenherde und Kaffeemaschinen. Auch am Dienstag kommen Kunden, um Bestellungen aufzugeben oder – wie Wolfgang Kurenbach – eine Lieferung abzuholen. „Ihr bleibt doch hier, oder?”, fragt Kurenbach. „Ist noch nichts spruchreif”, antwortet Friedhelm Kluge, der seit sieben Jahren gemeinsam mit seiner Frau den Quelle-Shop führt. Die beiden arbeiten selbstständig. Mit der Schließung von Quelle wird ihnen vermutlich die wirtschaftliche Grundlage entzogen. „Wir hoffen, dass es irgendwie weitergeht”, sagt Friedhelm Kluge, der just an diesem Mittwoch 60 Jahre alt wird. Verbittert, aber auch entschlossen klingt er. „Das ist doch mein Leben”, sagt er. „Verkaufen ist mein Leben.”

"Es ist eine Katastrophe"

Die Firma Quelle wäre am 26. Oktober 82 Jahre alt geworden. Nun soll Schluss sein. „Es ist eine Katastrophe”, sagt Quelle-Betriebsratschef Ernst Sindel am Konzernsitz Fürth mit brüchiger Stimme. Nach Einschätzung von Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg könnten bei Quelle noch vor Weihnachten die Lichter ausgehen. Der Ausverkauf der Lagerbestände werde vier bis sechs Wochen dauern. Die Mehrheit der 7000 Mitarbeiter von Quelle und mehrerer Schwestergesellschaften werde voraussichtlich in den kommenden Wochen ihren Arbeitsplatz verlieren.

Auch den 3500 Mitarbeitern in Call-Centern in Magdeburg, Cottbus und Berlin sowie 800 Beschäftigten am Logistikstandort Leipzig droht der Jobverlust. Weitere Stellenstreichungen zeichnen sich bei der Deutschen Post ab, die für Quelle Pakete versendet.

Zuletzt sah Görg keine Alternative mehr zu einer Abwicklung des traditionsreichen Versandhändlers. Lange Zeit hatten der Insolvenzverwalter und sein Team Optimismus verbreitet und von drei bis vier namentlich ungenannten Finanzinvestoren gesprochen, die die komplette Arcandor-Versandhandelsgruppe Primondo übernehmen wollten. Gescheitert sei der Verkauf letztlich an der Frage der Vorfinanzierung der Versandgeschäfte. Dieses so genannte „Factoring” hätten die Quelle-Finanzierungsbank Valovis sowie deren Partner Commerzbank und BayernLB nur bis Ende 2009 zugesagt. Das habe die Interessenten abgeschreckt, erklärt Görg.

Dass eine Rettung von Quelle an dieser Frage scheiterte, nennt Margret Mönig-Raane, die Vizechefin der Gewerkschaft Verdi, „ein Armutszeugnis für die beteiligten Banken”. Nach Görgs Plänen sollen nun das gesunde Auslandsgeschäft, der Einkaufssender HSE 24 sowie Spezialversender wie Baby Walz oder Hess Natur zügig verkauft werden. An Teilen hat der Hamburger Versandriese Otto Interesse.

Tränen in Fürth

Am Dienstag sind die Gesichter der Quelle-Beschäftigten in Fürth von Wut und Trauer gezeichnet. Tränen fließen. „Ich verstehe es nicht, warum Quelle sterben muss”, sagt eine langjährige Beschäftigte. Die Politik habe sich nur bis zur Bundestagswahl um das Schicksal von Quelle gekümmert. Auch auf Ex-Arcandor-Chef Thomas Middelhoff wird geschimpft. Wen auch immer Quelle-Erbin Madeleine Schickedanz in den Vorstand geholt habe – alle seien gescheitert. Betriebsräte halten die vor zehn Jahren vollzogene Verschmelzung von Quelle mit der Kaufhauskette Karstadt für den entscheidenden Fehler, ein funktionierendes Ganzes sei nie daraus entstanden.