Fürth. Die Rettung des Versandhauses Quelle ist nach Angaben der Insolvenzverwaltung vor allem an den Banken gescheitert. Sie seien nicht bereit gewesen, dem Unternehmen weiterhin sofortige Liquidität bei Ratenkäufen zuzusichern. Nach Verdi-Angaben bangen 9000 Beschäftigte um ihre Jobs.

Das traditionsreiche Versandhaus Quelle ist endgültig bankrott und wird abgewickelt. Weil die Kunden weggeblieben und zuletzt auch die Banken abgesprungen seien, sei kein Käufer zu finden gewesen, erklärte Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg in der Nacht zum Dienstag. Die Gewerkschaft Verdi rechnet mit dem Verlust von 9000 Arbeitsplätzen. «Das ist eine Katastrophe von A bis Z», sagte Verdi-Bundessekretär Johann Rösch am Dienstag.

Problemfaktor "Factoring"

Die Rettung des Versandhändlers Quelle ist nach Angaben der Insolvenzverwaltung vor allem am sogenannten Factoring gescheitert. Dabei handelt es sich um das Verfahren zur Abwicklung des Zahlungsverkehrs.

Vor der Insolvenz hatte die Valovis Bank stets die Forderungen, die Quelle gegenüber seinen Kunden hatte, aufgekauft. Als Gegenleistung zahlte Valovis umgehend den Kaufpreis an Quelle abzüglich einem gewissen Prozentsatz. Das Versandhandelsunternehmen erhielt auf diese Weise sofort Liquidität.

Nach dem Insolvenzantrag kündigte Valovis den entsprechenden Vertrag. Um den Geschäftsbetrieb von Quelle weiterführen zu können, bat der Insolvenzverwalter die Bank, die Forderungen wieder «anzukaufen». Valovis erklärte sich unter bestimmten Bedingungen dazu bereit, Quelle die benötigte Liquidität wieder zu geben.

Der Mutterkonzern Arcandor mit den Töchtern Karstadt und Quelle hatte im Juni Insolvenzantrag gestellt. Seither war die Versandhandelsparte Primondo samt Quelle mit Hilfe von Staatsbürgschaften und eines Massekredits über Wasser gehalten worden. Vier Investoren hatten über den Kauf der gesamten Primondo-Gruppe verhandelt, aber schließlich kein verbindliches Angebot vorgelegt.

Verunsicherte Kunden

«Eine wesentliche Ursache war, dass die für eine Übernahme des Versandhändlers notwendige Einigung über das Factoring ab dem 1. Januar 2010 nicht erzielt werden konnte», erklärte der Insolvenzverwalter. Der Versandhandel «funktioniert ohne solide finanzierte Ratenzahlungssysteme nicht», sagte sein Mitarbeiter Jörg Nerlich. Die Bieter hätten den Primondo-Verbund nur mit gesichertem Factoring übernehmen wollen, um noch im Oktober die Aktionsketten für Frühjahr/Sommer 2010 anzustoßen.

Bislang übernahmen die Valovis-Bank, die Commerzbank und die BayernLB die Forderungen von Quelle gegenüber Kunden und zahlten dem Versandhaus den Großteil des Geldes sofort aus. Eine Valovis-Sprecherin betonte, die Bank habe immer angekündigt, auch über den 31. Dezember hinaus weiter die Finanzierung für Quelle übernehmen zu wollen. «Allerdings wollten wir das nicht alleine machen», erklärte sie. Ob es diesbezüglich Widerstände bei den übrigen Banken gegeben habe, sei ihr nicht bekannt.

Ein weiterer Grund für das Aus von Quelle war ein Umsatzeinbruch. Die andauernde öffentliche Debatte habe die Kundschaft verunsichert, sagte Görg. Mit dem Gläubigerausschuss sehe er daher «jetzt keine Alternative zur Abwicklung von Quelle Deutschland mehr».

Verdi erklärte, damit seien fast alle der vormals 10.500 Arbeitsplätze verloren. Rund 3900 Mitarbeitern sei bereits gekündigt worden. Görg spreche bislang von 1500 weiteren Betroffenen. Rösch sagte: «Das ist aus meiner Sicht noch nicht alles.» Bei Primondo-Logistik in Leipzig arbeiten noch 800, bei Primondo-Logistik in Nürnberg 450 Mitarbeiter. Hinzu kämen über 3000 Mitarbeiter in den fünf Call-Centern von Quelle. «Wir befürchten, dass diese Arbeitsplätze bei einer Liquidation auch betroffen sind», sagte der Gewerkschafter.

Nach Plänen des Insolvenzverwalters sollen Baby-Walz und die anderen Spezialversender der Primondo-Gruppe ihr Geschäft selbstständig weiterführen. Der Verkaufssender HSE24 und das gesunde Auslandsgeschäft von Quelle solle schnell verkauft werden.

"Die Geier kreisen schon"

Verdi-Bundessekretär Rösch bezweifelt, dass tatsächlich das unsichere Factoring Grund für das Aus war. «Ich bin schon etwas erstaunt darüber, dass das jetzt der Grund für die Investoren gewesen sein soll, abzuspringen», sagte er. Das Factoring sei bis Jahresende gesichert. Es gebe auch Vermutungen, Görg könnte von seiner Strategie eines Verkaufs der gesamten Primondo-Gruppe abgerückt sein und sich für eine Liquidation von Quelle entschieden haben, um die Filetstücke wie Baby Walz oder Hess natur besser verkaufen zu können. «Die Geier kreisen da schon», sagte Rösch.

Görgs Sanierungskonzept sah vor, den Quelle-Flächenvertrieb teilweise aufzugeben und die QuelleTechnikCenter zu schließen. Bereits angelaufen war ein Personalabbau von 10.500 auf knapp 7000 Stellen bis Januar 2010. Für 2500 Mitarbeiter wurde ein Sozialplan ausgehandelt. Alle Bieter verlangten allerdings, den Flächenvertrieb vollständig aufzugeben. (ap/ddp)