Düsseldorf/Bochum/Berlin. Bei der Rettung des angeschlagenen Autobauers Opel droht Zwist: NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers lehnt nach Informationen der WAZ die Übernahme-Pläne des Zulieferers Magna ab. Hintergrund: Bei dem geplanten Stellenabbau müsste Bochum die größten Opfer bringen.
Beim Rennen um Opel hat "Magna" offenbar die Pole Position - nur nicht in Nordrhein-Westfalen. SPD, Gewerkschaften, Teile der Bundesregierung und die meisten Bundesländer mit Opel-Standorten tendieren zu Magna. Als erster hat sich am Freitag der hessische Regierungschef Roland Koch (CDU) eindeutig festgelegt: für den kanadisch-österreichischen Automobilzulieferer. NRW-Ministerpräsiden Jürgen Rüttgers (CDU) lehnt das Konzept dagegen ab. Hintergrund: Egal, wer das Rennen macht, Opel droht in jedem Fall Jobabbau. Das größte Opfer müsste mit dem Wegfall von 2200 von deutschlandsweit 2500 Stellen das Werk in Bochum bringen. Wie der WAZ aus Verhandlungskreisen bestätigt wurde, will Magna in Bochum einen bereits bestehenden Sparplan von General-Motors (GM) umsetzen, dort die Zafira-Produktion bündeln und im Gegenzug den Astra streichen. Betriebsratsvorsitzender Rainer Einenkel zur WAZ: "Das würde den Wegfall von 2000 Arbeitsplätzen bedeuten. Das werden wir nicht akzeptieren."
Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) teilt diese Einschätzung. Nach WAZ-Informationen hat er gestern in Berlin dem Magna-Projekt dezidiert die Zustimmung verweigert. Teilnehmer der Runde zitieren Rüttgers mit dem Satz: "Eine einseitige Belastung zuungunsten Bochums kann nicht akzeptiert werden." Offiziell wollte sich die Staatskanzlei dazu nicht äußern. Es sei noch keine Entscheidung gefallen, sagte ein Sprecher, die Gespräche würden nächste Woche fortgesetzt.
Parteienstreit um die staatliche Überbrückungshilfe
In NRW entbrannte derweil ein Parteienstreit um die staatliche Überbrückungshilfe in Höhe von 1,5 Milliarden Euro. SPD-Chefin Hannelore Kraft beklagte, dass CDU-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers "ohne Rückendeckung" seines Koalitionspartners FDP verhandele. Für die Liberalen ist nicht erkennbar, "dass die Bedingungen für eine staatliche Bürgschaft erfüllt wären". Unter diesen Bedingungen können die FDP die Liquiditätshilfe "auf Risiko der Steuerzahler nicht unterstützen", machte das Führungsduo der Landes-FDP, Andreas Pinkwart (Partei) und Gerhard Papke (Fraktion) klar.
In Berlin scheut die Regierung jede frühe Festlegung. Grund: Das Schicksal Opels liegt nicht in ihrer Hand. Erst müsse der Mutterkonzern GM entscheiden, wem es den Zuschlag gebe, erläuterte ein Sprecher von Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU). Er sei guter Dinge, "dass wir die Überprüfung zügig vornehmen können, aber gleichzeitig auch mit General Motors und den Amerikanern verhandeln". Der spätest mögliche Zeitpunkt sei der 28. Mai. "Bis dahin müssen wir eine Grundeinschätzung treffen, weil bis dahin aller Voraussicht nach mit einem Insolvenzverfahren der Amerikaner zu rechnen ist", sagte Minister zu Guttenberg.
Zwei Punkte sind klar: Alle wollen Arbeitsplätze abbauen - und gleichzeitig den Staat für einen Neustart von Opel in die Pflicht zu nehmen. Bei beiden Punkten soll der italienische Autobauer Fiat am radikalsten vorgehen, wie Koch indirekt bestätigte. Das Angebot von Magna, sei "sicherlich am nächsten an den Hoffnungen und Wünschen vieler in der deutschen Politik, aber auch bei den Arbeitnehmern", sagte Koch im Deutschlandfunk. Die Offerte von US-Finanzinvestor Ripplewood sei "interessant". Dagegen habe Fiats Angebot "manche enttäuscht". Dieses sei "sehr weit von dem entfernt, was man sich vielleicht erhofft hat an mancher Stelle", sagte Koch. Wie Magna-Vize-Chef Siegfried Wolf gestern sagte, benötige sein Unternehmen Bürgschaften von rund fünf Milliarden Euro. In ähnlicher Größenordnung liegen auch auch die Forderungen von Ripplewood. Die höchsten Staatsgarantien verlange Fiat mit rund sieben Milliarden Euro, hieß es aus Verhandlungskreisen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel beriet am Freitag mit den Ministern zu Guttenberg, Steinbrück (Finanzen), Steinmeier (Vize-Kanzler) und Scholz (Arbeit und Soziales). Zugleich empfing sie die vier Ministerpräsidenten von NRW, Hessen, Rheinland-Pfalz und Thüringen. Widersprüchlich sind die Meldungen aus den USA darüber, ob ein vierter Anbieter aus China dazu gekommen ist und ob die US- Regierung GM in der nächsten Woche in die Insolvenz steuern will. Bis zum 1. Juni hat GM Zeit, einen Rettungsplan vorzulegen.
Spezial: Opel in der Krise