Bochum/Düsseldorf. Millionen Kabel-Haushalten drohen schwarze Bildschirme. Telekom verliert 120.000 Vonovia-Wohnungen. Für sie gibt es vergünstigte Vodafone-Tarife.

Millionen Haushalten in Deutschland, die Fernsehen über das Kabelnetz empfangen, drohen in den nächsten Wochen schwarze Bildschirme. Der größte Kabelnetzbetreiber Vodafone hat bereits erste Mietshäuser vom TV-Empfang abgeklemmt. Hintergrund ist eine gesetzliche Neuregelung: Ab dem 1. Juli dürfen Vermieter die Gebühren für Kabelfernsehen nicht mehr über die Nebenkosten abrechnen. Mieterinnen und Mieter müssen selbst Verträge mit Anbietern abschließen.

Seit vielen Monaten macht Vodafone auf die Änderungen beim Kabelfernsehen ab dem 1. Juli aufmerksam. Noch im Oktober 2023 betonte Manager Marcel de Groot, der inzwischen zum Deutschlandchef bei Vodafone aufgestiegen ist, im Gespräch mit unserer Redaktion, dass es kein zentrales Abschaltdatum geben werde. „Kunden müssen nicht befürchten, dass sie zum 1. Juli 2024 vom Fernsehempfang abgeklemmt werden“, sagte de Groot im Herbst.

Vodafone: „Wir behalten uns vor, Kabelanschlüsse auch zu sperren“

Mehr als ein halbes Jahr später hat der Düsseldorfer Telekommunikationskonzern seine Strategie geändert. „Wir gehen bei Sperrungen punktuell, überlegt und zielgerichtet vor“, erklärt Vodafone-Sprecher Helge Buchheister auf Anfrage unserer Redaktion. „Wird Kabelfernsehen genutzt, ohne dass ein Vertrag besteht, liegt eine ungerechtfertigte Nutzung vor“, sagt er und fügt hinzu: „Wir behalten uns deshalb vor, Kabelanschlüsse auch zu sperren. Und tun dies auch.“ Laufen Verträge schon vor dem 1. Juli aus, kann es passieren, dass Techniker im Keller des Mietshauses einen Sperrfilter einbauen oder die Verbindung trennen. Die Bildschirme der betroffenen Haushalte bleiben dann schwarz.

Als größter nationaler Anbieter von Kabelfernsehen bekommt Vodafone die gesetzliche Neuregelung am härtesten zu spüren. Von den rund zwölf Millionen Kabelfernsehen-Kunden des Unternehmens haben bislang rund 8,5 Millionen ihr TV-Signal über Sammelverträge mit Vermietern bezogen. Sie sind in der bisherigen Form aber nicht mehr statthaft, weil das sogenannte Nebenkosten-Privileg wegfällt, um den Verbrauchern mehr Wahlfreiheit zu geben. In der Folge hat Vodafone nach eigenen Angaben bereits 630.000 Kunden verloren. Manche Haushalte schauen Fernsehen via Internet, andere wechseln zu Anbietern wie Deutsche Telekom, Zattoo oder Waipu.

Günstige Kabel-Tarife für 120.000 Vonovia-Wohnungen

Vodafone selbst ist aber auch nicht untätig geblieben und verhandelt mit der Wohnungswirtschaft über neue Formen von Rahmenverträgen. Ein Coup ist den Düsseldorfern nun mit dem größten deutschen Vermieter Vonovia gelungen. Mieterinnen und Mieter in bundesweit 120.000 Vonovia-Wohnungen, die zuletzt mehrheitlich von der Telekom versorgt wurden, haben nun die Gelegenheit, Kabelfernsehen und Internet von Vodafone zu günstigeren Konditionen zu beziehen. Eine entsprechende Vereinbarung haben beide Unternehmen jetzt in der Zentrale von Vonovia in Bochum unterzeichnet.

Der Rahmenvertrag bedeutet für die betroffenen Haushalte, dass sie mit Vodafone einen vergünstigten Kabelfernsehen-Vertrag für 9,99 Euro pro Monat abschließen können. Ein Basis-Einzelvertrag kostet dagegen 12,99 Euro. Teurer wird es für manche dennoch: Unter den bisherigen Bedingungen zahlten sie sieben oder acht Euro monatlich für ihren Anschluss.

Das Ende des Nebenkosten-Privilegs

Die Vereinbarung mit dem Immobilienriesen Vonovia nennt Vodafone-Deutschlandchef de Groot „ein klares Signal im Markt“. Auch nach dem Wegfall des Nebenkosten-Privilegs begreife sich Vodafone als „Digitalisierungspartner der Wohnungswirtschaft“. De Groot kündigt an, „auch modernste Glasfaser-Anschlüsse einfach und schnell in die Wohngebäude“ zu bringen.

Daran ist auch Vonovia gelegen. „Wir sind mit allen unseren Partnern im Gespräch, um bestehende Verträge an die neuen gesetzlichen Parameter anzupassen“, sagt Vorstandsmitglied Arnd Fittkau. Man sei dabei, für die fast 500.000 Haushalte in Deutschland neue Kooperationen mit Kabel-Anbietern abzuschließen. Das Rahmenabkommen mit Vodafone für 120.000 Wohnungen sei „besonders umfangreich“, teilt Vonovia mit.

Telekom hat 2013 Unitymedia ausgestochen

Der Deal hatte damals für Aufsehen in der Branche gesorgt: Der Deutschen Telekom war es im Jahr 2013 gelungen, dem Kabelanbieter Unitymedia, der später von Vodafone geschluckt wurde, 120.000 Vonovia-Wohnungen abzuluchsen. Hinter dem Versprechen der Telekom, alle diese Haushalte mit Glasfaser-Anschlüssen zu versorgen, stehe bis heute ein großes Fragezeichen, heißt es. Nun kommen die Haushalte zum Düsseldorfer Konzern Vodafone zurück, der zuletzt auch im Mobilfunk hinter die Rivalen Telekom und Telefonica/O2 zurückgefallen war und inzwischen eine Aufholjagd gestartet hat.

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