Düsseldorf. Metro-Chef Greubel beobachtet verändertes Einkaufsverhalten der Gastronomen. Was liegen bleibt und warum der Großhändler auf Marge verzichtet.
Gegen die Wiederanhebung der Mehrwertsteuer für Restaurants auf 19 Prozent hatte Metro-Chef Steffen Greubel vergeblich gekämpft. Seit Januar müssen Gäste größtenteils mehr für die Speisen in der Gaststätte bezahlen. Negative Auswirkungen bekommt der Düsseldorfer Großhändler selbst nicht zu spüren. Bei der Metro beobachtet man allerdings, dass die Gastronomen ihr Einkaufsverhalten verändert haben.
Erst war Corona. Dann trieb der russische Überfall auf die Ukraine die Preise für Lebensmittel und Energie rasant in die Höhe. Und seit Januar müssen die ohnehin gebeutelten Gastronomen auch wieder 19 statt sieben Prozent Umsatzsteuer für den Verkauf von Speisen bezahlen. Metro-Chef Steffen Greubel, der nach Unternehmensangaben 215.000 Hotels und gastronomische Betriebe zu seiner Kundschaft in Deutschland zählt, hatte im vergangenen Jahr vehement, aber letztlich ohne Erfolg bei der Bundesregierung dafür geworben, die Steueranpassung noch einmal zu verschieben.
Metro-Chef: Preise in Restaurants werden so bald nicht sinken
Denn Greubel weiß, dass die Branche unter Druck steht. „Die Gastronomie ist das Epizentrum der Inflation. Zu hohen Mieten addieren sich inzwischen deutlich gestiegene Energiekosten. Hinzu kommen höhere Gehälter und die wieder angehobene Mehrwertsteuer“, sagt der Metro-Chef. Deshalb glaube er nicht, dass die Restaurantpreise für das Wiener Schnitzel oder das Gemüsecurry bald wieder fallen werden. „Es wird eher eine Seitwärtsbewegung geben“, sagt Greubel vor Journalisten in Düsseldorf.
Lob für Milliardär Daniel Kretinsky
Der tschechische Milliardär Daniel Kretinsky, der auch in das Stahlgeschäft es Essener Industriekonzerns Thyssenkrupp einsteigen will, hat seinen Mehrheitsanteil am Großhändler Metro auf 49,99 Prozent ausgebaut. Metro-Chef Steffen Greubel lobt die Zusammenarbeit mit dem Unternehmer, der auch im Energie- und Mediengeschäft unterwegs ist. „Ich kann nichts Negatives über Herrn Kretinsky sagen“, sagt Greubel. „Er und seine Vertreter im Aufsichtsrat sind interessiert an Details und unserer neuen Strategie. Er mischt sich aber nicht ins Tagesgeschäft ein. Ich bin froh, einen so erfolgreichen Anker-Aktionär zu haben.“
Den Umsatz konnte die Metro von Januar bis März trotzdem währungs- und portfoliobereinigt um 7,8 Prozent auf 6,9 Milliarden Euro steigern. Unter dem Strich machte die Metro aufgrund negativer Sondereffekte einen Verlust von 193 Millionen Euro nach einem Fehlbetrag von 107 Millionen Euro im Vorjahreszeitraum. Greubel führt das Umsatzplus unter anderem darauf zurück, dass der Großhändler zusätzliche Kunden gewinne. Aber: „Auch nach der Wiederanhebung der Mehrwertsteuer bestellen die Gastronomen nicht weniger bei der Metro. Sie kaufen aber tendenziell günstigere Produkte. Der Anteil der hochpreisigen Artikel geht zurück. Das beobachten wir vor allem beim Fleisch.“
Der Großhändler selbst reagiert auf die zuletzt wieder gesunkene Inflation. „Wir investieren in Preise, indem wir Mengenrabatte gewähren“, erklärt Greubel. Auf diese Weise habe die Metro allein in Deutschland bereits rund 5000 Artikel verbilligt. „Das ist auch ein Beitrag dafür, dass die Gastronomie überlebensfähig bleibt“, so der Chef der Metro. Die Unterstützungaktion, betont Greubel, koste das Unternehmen Geld. „Dabei verzichten wir bewusst auf Margen. Die Metro muss preislich attraktiver sein, sonst haben wir keine Chance“, meint der Vorstandsvorsitzende. Inzwischen habe man aber auch einige Lebensmittel-Hersteller dazu bewegt, die Preise zu senken.
Metro will mehr Eigenmarken einführen
Zugleich pushe der Großhändler seine Eigenmarken. Greubel: „In den vergangenen zwei Jahren haben wir ihren Anteil von 17 auf 23 Prozent erhöht. Das verschafft uns Vorteile bei der Marge.“
Nach seinem Amtsantritt im Mai 2021 hat der frühere Manager des Schrauben-Herstellers Würth der Metro einen konsequenten Digitalisierungskurs verordnet. „Unsere Erfahrung zeigt: Wenn Kunden in zwei oder mehr Kanälen bei uns kaufen, steigert sich der Umsatz um ein Vielfaches“, sagt Greubel. Der Fokus liegt deshalb nicht länger ausschließlich auf den weltweit rund 630 Großmärkten. Der Metro-Chef will deutlich mehr Kundinnen und Kunden in seinen eigenen Onlineshop, auf den Marktplatz mit mehr als 1500 Anbietern von 1,1 Millionen Produkten und ins Belieferungsgeschäft locken.
„Unser Ziel ist es, bis zum Jahr 2030 rund 40 Prozent des Umsatzes digital zu machen. Aktuell liegen wir bei 13 Prozent“, kündigt Greubel an. Die Metro bietet Gastronomen nicht nur Software für Tischreservierungen, Kartengestaltung und Buchhaltung an. Inzwischen stellt sie ihnen auch ganze Kassensysteme zur Verfügung. „Die Metro ist inzwischen einer der größten Anbieter von Kassensystemen für die Gastronomie in Europa“, sagt er.
Metro will Zahl der Außendienst-Mitarbeiter verdoppeln
Um Gastronomen vor Ort zu beraten, will die Metro Arbeitsplätze im Außendienst schaffen. „Anfang 2022 hatten wir 6500 Mitarbeitende im Außendienst. Aktuell sind es 8500. Bis zum Jahr 2030 wollen wir das Team auf rund 13.000 verdoppeln“, so der Vorstandsvorsitzende. Anders sieht es bei den zentralen Funktionen aus. „In der Verwaltung dagegen müssen wir die Produktivität erhöhen und effizienter werden“, sagt Greubel. „Wir schleppen immer noch die Komplexität aus den Zeiten mit uns herum, als die Metro noch ein Dax-Konzern mit zahlreichen Tochtergesellschaften war.“
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