Essen. Die Essener Schwestern Mariana und Melani Ilic wollen entschleunigen. Mit ihren veganen Tipps wurden sie erfolgreiche Bloggerinnen.
Gans, Rinderfilet oder Hirschmedaillons zu Weihnachten? Mit dieser Frage müssen sich die beiden Schwestern Melani und Mariana Ilic nicht mehr auseinandersetzen. Sie ernähren sich seit einigen Jahren ausschließlich vegan. Die Kochtipps und Rezepte der beiden Essenerinnen sind im Internet stark gefragt.
Die plötzliche Ruhe während des ersten Lockdowns 2020 stellte das Leben der Frauen auf den Kopf. „Während der Corona-Pandemie, als die Welt still stand, haben wir uns mit uns selbst befasst. Mit unserem schnelllebigen Lifestyle haben wir viel zu wenig auf uns geachtet“, bekennt Melani Ilic. „Wir hatten immer wenig Zeit, haben schnell mal was gegessen, was gerade verfügbar war. Das hat uns träge, müde und antriebslos gemacht“, pflichtet Mariana Ilic ihrer Schwester bei.
Modelabel Lookabe gab es auch bei C&A
In der Tat: Bis zum Frühjahr 2020 gehörte das Wort Ruhe nicht zum Vokabular der Ilic-Schwestern. Beide zusammen betreiben das Essener Beratungsunternehmen Mpire Trends. Parallel betätigten sich die Frauen auch als Modeschöpferinnen. Ihre Shirts, Röcke, Kleider und Mäntel gab es nicht nur in etlichen Filialen der Textilkette C&A. Die Unternehmerinnen zog es auch ins Ausland. „Mit unserem Modelabel Lookabe wollten wir den Sprung nach New York machen. Wir hatten schon ein Büro. Doch dann kamen Corona und der Lockdown“, erzählt Melani Ilic. Produzieren ließen sie in Portugal und in der Türkei. Billiglohnländer wie Bangladesch oder China kamen für die Unternehmerinnen nicht in Frage.
Zur ihrer neuen, entschleunigten Lebensweise gehörte dann auch, dass die Schwestern 2022 die Markenrechte an ihrem Modelabel verkauften und sich nebenberuflich ganz den veganen Lebensmitteln widmeten. „Wir haben unsere Ernährung schrittweise umgestellt – zuerst die Milchprodukte weggelassen und dann das Fleisch. Wir haben alle veganen Varianten durchprobiert. Heute fühlen wir uns besser“, sagt Mariana Ilic. Dahinter steckt freilich auch ein ethisches Motiv. „Es geht doch nicht, dass massenweise Tiere sterben müssen“, meint Melani Ilic.
Auf Instagram folgen den Schwestern 30.000 Menschen
Es dauerte eine Weile, bis sich die Schwestern in das Kochen ganz ohne tierische Bestandteile hineingefuchst hatten. Doch dann wollten sie ihre vegane Welt auch mit anderen teilen. „Im vergangenen Jahr haben wir entschieden, die Öffentlichkeit mitzunehmen“, berichtet Mariana Ilic. Auf ihrem Instagram-Kanal folgen den Bloggerinnen inzwischen 30.000 Menschen. Auf der Plattform zeigen sie Videos aus ihrem Alltag, laden vor allem aber vegane Rezepte hoch und zeigen Filme aus der heimischen Küche, wie die Gerichte entstehen.
Die Präsenz der beiden Essenerinnen auf Instagram ist inzwischen so erfolgreich, dass ein Verlag auf sie aufmerksam wurde. Kurz vor Weihnachten haben Melani und Mariana Ilic ihr erstes Kochbuch vorgestellt. Unter dem Titel „Veganized“ gibt es 60 Back- und Kochrezepte, die den Beweis antreten sollen, dass die rein pflanzliche Küche keinerlei Verzicht bedeuten müsse.
Zwölf Prozent der Verbraucher ernähren sich vegetarisch oder vegan
Mit ihrer Werbung für die vegane Küche treffen die Schwestern sicherlich einen Nerv. Eine Umfrage im Auftrag des Bundesverbands des Deutschen Lebensmittelhandels aus dem Herbst ergab, dass sich inzwischen zwölf Prozent aller Bürgerinnen und Bürger hierzulande vegetarisch (neun Prozent) oder vegan (drei Prozent) ernähren. Unter ihnen sind besonders viele Frauen und unter 30-Jährige. Tendenz: steigend.
Das hat auch der Einzelhandel erkannt. Supermärkte und Discounter führen immer mehr vegane Produkte fernab fader Tofuschnitzel. Lidl hatte unlängst sogar angekündigt, die Preise für vegane Alternativen auf das Niveau der nicht-veganen abzusenken. Mariana Ilic begrüßt den Trend: „Es ist richtig, dass Discounter wie Lidl die Preise von veganen Alternativen und Fleischprodukten angeglichen haben. Das schafft Anreize, die Ernährung umzustellen. Inzwischen kann sich jeder und jede vegane Ernährung leisten.“
Mit ihrem Blog „Mint & Meri“ wollen sie dazu beitragen, dass die vegane Küche noch mehr Anhängerinnen und Anhänger findet. Trotz des Booms sehen sie immer noch weiße Flecken. „Leider bieten nicht alle Restaurants vegane Speisen an. Der Trend ist nicht überall angekommen“, meint Melani Ilic. Dabei sei es kinderleicht, Fleisch, Eier und Milch durch rein pflanzliche Produkte zu ersetzen. Zur Anschauung haben die beiden Frauen für die Leserinnen und Leser dieser Zeitung ein Weihnachtsmenu zusammengestellt. In ihrem Rezept für Gulasch mit Rotkohl und Kartoffelpüree ersetzen Paprika, Möhren und braune Pilze die Fleischwürfel vom Schwein oder Rind. In die Vorspeise kommen veganer Frisch- und Fetakäse. Und im Parfait aus gebrannten Mandeln zum Dessert sorgt Aquafaba – das dickflüssige Kochwasser von Kichererbsen, Bohnen und anderen Hülsenfrüchten — statt der Eier vom Huhn für die gewünschte Lockerheit der Masse.
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Das sollte auch den Eltern von Melani und Mariana Ilic schmecken, die an Heiligabend zu Besuch bekommen. Die Töchter akzeptieren, dass Mutter und Vater bekennende Fleischliebhaber sind. Das Weihnachtsmenu wird dennoch vegan. Der Blog „Mint & Meri“ soll auch im neuen Jahr weitergehen. Damit Geld zu verdienen, steht für die Essenerinnen nach eigenen Angaben nicht im Vordergrund. Marina Ilic sagt: „Wir wollen mit unserem Blog keine Werbeplattform sein und jeden Tag ein anderes Produkt in die Kamera halten.“
Zur Person
Melani Ilic (35) ist ausgebildete Grafikerin, hat ein Studium in Medienwissenschaften und Marketing darauf gesattelt und 2015 ihre eigene Marketingagentur gegründet.
Mariana Ilic (37) hat beim Essener Energiekonzern RWE eine kaufmännische Ausbildung absolviert und arbeitete dort zehn Jahre lang im RWE Personalmanagement. Zwischendurch hat sie Wirtschaft studiert und Qualifikationen als Fremdsprachen-Korrespondentin und vegane Ernährungsberaterin erworben. Seit Sommer arbeitet Ilic in Teilzeit als Start-up-Managerin für den Essener Ruhrhub.