Essen/Berlin. Ruhr-Unternehmen vereinbaren Schulterschluss beim Wasserstoff. Bundesregierung zeigt Sympathie, dass das Ruhrgebiet erste Modellregion wird.

Ein breites Bündnis aus Wirtschaft und Politik hat am Dienstag in Berlin dafür geworben, dass das Ruhrgebiet die erste Modellregion für den Hochlauf des Wasserstoffs in Deutschlands wird. Davon erhofft sich das Revier schnellere Genehmigungsverfahren etwa für Pipelines und ein vereintes Anzapfen von Fördertöpfen.

Mit mehr als 100 Gästen reiste das Ruhrgebiet am Dienstag in die NRW-Landesvertretung nach Berlin, um mit hochrangigen Vertretern der Bundesregierung und des Bundestags zu diskutieren. In einer Absichtserklärung kündigten zudem die Ruhr-Unternehmen BP Europa, Open Grid Europe, RWE, Thyssenkrupp, Thyssengas und Vonovia ihre Zusammenarbeit beim Hochfahren der Wasserstoff-Infrastruktur an.

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Die Konzernvertreter überreichten Bundesjustizminister Marco Buschmann und Jörg Kukies, Staatssekretär im Kanzleramt, ein Positionspapier, das sie gemeinsam mit der Hydrogen Metropole Ruhr (HyMR) formuliert haben. Die (HyMR) ist eine Initiative des Regionalverbands Ruhr (RVR) und der Business Metropole Ruhr (BMR) zur Koordinierung der Wasserstoffaktivitäten in der Region.

Buschmann, der aus Gelsenkirchen stammt und dort Bundestagsabgeordneter ist, zeigte Sympathie für die Pläne des Reviers. „Das Ruhrgebiet war das Silicon Valley des 19. Jahrhunderts. Wir arbeiten gemeinsam daran, dass die Region nun das Hydrogen Valley des 21. Jahrhunderts wird“, sagte der FDP-Politiker. Staatssekretär Kukies bekräftigte, dass das Kanzleramt Modellregionen fördern wolle. Im Ruhrgebiet könne man sehen, dass der Trend zum Wasserstoff real sei.

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In ihrer gemeinsamen Entschließung fordern die Unternehmen vor allem eines: mehr Geschwindigkeit bei der Genehmigung von Wasserstoff-Infrastruktur wie Leitungen und Elektrolyseure, die Wasser aufspalten. „Tempo, Tempo, Tempo, bleibt die zentrale Herausforderung für den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft“, sagt Arnd Köfler, Vorstandsmitglied bei Thyssenkrupp Steel. Am größten Stahlstandort Europas in Duisburg will sein Unternehmen grünen Stahl herstellen, wartet aber immer noch darauf, dass die EU-Kommission die vom Bund in Aussicht gestellten Fördermittel von weit mehr als einer Milliarde Euro freigibt. Der Ausbau der Wasserstoff-Infrastruktur sei auch „eine Frage europäischer Unabhängigkeit“, so Köfler.

Beim Leitungsnetzbetreiber Open Grid Europe mit Sitz in Essen ist man zuversichtlich, dass das Ruhrgebiet die Transformation von Kohle und Gas zu Wasserstoff stemmen könne. „Ein Viertel des gesamtdeutschen Wasserstoffbedarfs wird bis 2030 im Ruhrgebiet entstehen“, sagt Geschäftsführer Thomas Hüwener im Hinblick auf die Vielzahl von Industrieunternehmen in der Region. „Dieser Bedarf kann mit der Umstellung der in NRW und im Ruhrgebiet gut ausgebauten Gasinfrastruktur gedeckt werden.“

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Patrick Wendeler, Chef von BP Europa mit Sitz in Bochum, erklärte, sein Mineralölunternehmen sehe sich „auch in der regionalen Pflicht, einen sichtbaren Beitrag zur Dekarbonisierung von Industrie und Mobilität zu leisten“. Der Betreiber der Aral-Tankstellen werde als Produzent, Netzbetreiber und Abnehmer von Wasserstoff aktiv sein.

„Wasserstoff ist Standortsicherung“, unterstreicht Thomas Gößmann, Chef des Dortmunder Netzbetreibers Thyssengas, und ruft zu Kooperationen von Politik, über Erzeuger bis zu den Verbrauchern auf. „Vor uns liegt noch ein langer Weg, aber wir wollen und müssen ihn gehen – und zwar gemeinsam“, fordert Gößmann. Vor allem in NRW liege „ein riesiges Potenzial“. Der Thyssengas-Chef: „Wir können Vorreiter und Vorbild für viele Regionen in Deutschland beim Wasserstoffhochlauf sein.“

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Rolf Buch, Vorstandsvorsitzender des Wohnungsriesen Vonovia ist davon überzeugt, dass das „starke und stolze“ Ruhrgebiet Vorreiter der Dekarbonisierung werden könne. Katja van Doren, Vorständin von RWE Generation, sagte, dass RWE und andere Wasserstoff-Akteure der Region „gemeinsam an einem Strang ziehen“.

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Zwischen Wesel und Hamm gibt es bereits 14 Wasserstoff-Projekte, weitere sind in der Planung. Würde das Ruhrgebiet den Status der ersten Modellregion erhalten, hoffen die Verantwortlichen beim Regionalverband Ruhr auf schnellere Genehmigungsverfahren und die Möglichkeit, sich gemeinsam um Fördermittel zu bewerben.