Essen. Rheinmetall plant ein Panther-Panzerwerk in der Ukraine. Neuerdings auch noch während des Krieges. Ein DSW-Aktionärsschützer sieht große Risiken.

Der Rüstungskonzern Rheinmetall profitiert massiv vom Angriff Russlands auf die Ukraine. Nun wollen die Düsseldorfer mitten im Kriegsgebiet eine Panzerfabrik bauen für ihr neustes Modell, den Panther. Das Werk mit Flugabwehrsystemen zu schützen, wäre „nicht schwierig“, sagte Vorstandschef Armin Papperger der Rheinischen Post. Noch vor drei Wochen hatte er im Handelsblatt als Bedingung für den Fabrikbau „natürlich“ das Ende des Krieges genannt. Woher dieser Sinneswandel?

Papperger verwies auf „vielversprechende“ Gespräche mit der Regierung in Kiew. Er hoffe auf eine Entscheidung in den nächsten zwei Monaten, dann könne Rheinmetall für rund 200 Millionen Euro in der Ukraine eine Fabrik bauen, die jährlich bis zu 400 Panther produziert. Der Konzernchef will offenbar nicht mehr warten, bis der Krieg vorbei ist, zumal er damit rechnet, dass er noch Jahre dauert. Der frühere russische Präsident und Putin-Vertraute Dmitri Medwedew reagierte prompt und schrieb auf Telegram: „Wenn die Fritzen aber entscheiden, dort tatsächlich zu bauen (obwohl sie eigentlich pragmatische Leute sind), dann warten wir sehnlich.“

Medwedew droht Rheinmetall mit Raketenbeschuss

Warum Rheinmetall das Risiko auf einmal so gering einschätzt? Ob Medwedews Drohung, das Werk mit Raketen zu beschießen, potenzielle Beschäftigte nicht abschrecken könne, dort zu arbeiten? Und warum statt einer Fabrik im Kriegsgebiet nicht eine weitere auf sicherem Nato-Territorium? Unsere Fragen beantwortete Rheinmetall nichtssagend: „Aus unternehmerischen Gründen sowie mit Blick auf die sensiblen Sicherheitsinteressen der Ukraine können wir zum jetzigen Zeitpunkt keine weiteren Details zum Stand der Gespräche und zum möglichen Aufbau von Fertigungskapazitäten in dem Land mitteilen.“

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Einem Engagement im Kriegsgebiet sieht nicht jeder so gelassen entgegen wie Papperger. „Unabhängig von der politischen Gemenge- und Erwartungslage ist eine solche Investition mit extremen und unübersichtlichen Risiken verbunden“, sagte Marc Tüngler von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) unserer Zeitung. Das gelte „weit über die finanziellen Risiken der Rheinmetall AG hinaus“. Er könne sich das „überhaupt nur für die Zeit nach Kriegsende vorstellen“. Tüngler vertritt beim Dax-Aufsteiger die Interessen der Kleinanleger.

Pappergers Vorstoß und seinen Zeitpunkt nennt der Aktionärsschützer „überraschend“. Rheinmetall exponiere sich damit „auch politisch merklich klarer, als dies aufgrund seines Geschäftsmodells sowieso bereits der Fall ist“, sagte der DSW-Hauptgeschäftsführer.

Bisher denkt Rheinmetall für sein neustes Panzermodell an Werke in Deutschland und Ungarn. Den Panther haben die Düsseldorfer im vergangenen Sommer überraschend auf der Rüstungsmesse Eurosatury in Paris vorgestellt. Der KF51 ist leichter als der aktuelle Leopard 2, aber schlagkräftiger: Nach Unternehmensangaben ist er mit seiner 130-Millimeter-Kanone der stärkste Kampfpanzer der Welt. Bisher existiert nur ein Prototyp, die Serienfertigung könnte binnen 15 bis 18 Monaten starten.

Milliardenaufträge für Rheinmetall nach Kriegsbeginn

Rheinmetall hat im Zuge der weltweit gestiegenen Rüstungsausgaben seit Kriegsbeginn Milliardenaufträge rund um den Globus eingesammelt, vor allem aber aus Europa inklusive Großbritannien eingesammelt. Aus seinem Heimatland erwartet das Unternehmen in den kommenden Jahren den größten Schub an Bestellungen im Zuge des 100-Milliarden Sondervermögens zur Ertüchtigung der Bundeswehr. Der Konzern geht davon aus, dass von den deutschen Rüstungsausgaben etwa jeder dritte Euro an den Rhein fließt. Allerdings war das erste Kriegsjahr in dieser Hinsicht für Rheinmetall und alle anderen Rüstungskonzerne ein verlorenes, denn das sehr bürokratische Beschaffungswesen in der Bundeswehr hat bisher kaum neue Bestellungen zustande gebracht.

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Wie sehr das Unternehmen vom Krieg in der Ukraine profitiert, spiegelt sich bisher auch weniger in der Bilanz wider als im Aktienkurs: Der ist von der letzten Woche des jahrzehntelangen Friedens in Europa im Februar 2022 bis heute von 96 auf 254 Euro gestiegen – um rund 165 Prozent. Für die kommenden Jahre rechnet Rheinmetall aber auch operativ mit enormen Zuwächsen: Umsatz und Gewinn sollen sich bis 2025 verdoppeln. Der inzwischen bei einem Marktwert von mehr elf Milliarden Euro angekommene Konzern wird laut Mitteilung der Deutschen Börse am 20. März in den Leitindex Dax 40 aufsteigen.