Essen. Bei den Strom- und Gaspreisen gibt es wieder Wettbewerb. Experten erklären, welche Preise angemessen sind und wo sich ein Anbieterwechsel lohnt.
Bei den Strom- und Gaspreisen ist eine Trendwende zu erkennen. Die Tarife der Energieunternehmen, die eine Alternative zum örtlichen Grundversorger anbieten, seien im Februar 2023 so günstig wie seit Ende 2021 nicht mehr, berichtet das Vergleichsportal Check24. Ein Musterhaushalt zahle derzeit unter Berücksichtigung der Preisbremse im bundesweiten Durchschnitt 2616 Euro für 20.000 Kilowattstunden (kWh) Gas. Das entspricht einem Gaspreis von 13,1 Cent pro Kilowattstunde. Zuletzt war der durchschnittliche Preis für Gas im Dezember 2021 so niedrig. Check24 nennt 20.000 Kilowattstunden als beispielhaften Jahresverbrauch für eine vierköpfige Familie. Während in der Grundversorgung durchschnittlich 2732 Euro fällig würden, koste die gleiche Menge Gas im Schnitt der zehn günstigsten Alternativversorger nur 2441 Euro, so das Vergleichsportal – eine Ersparnis von 291 Euro.
Eine ähnliche Entwicklung sieht Check24 beim Strompreis. Für 5000 kWh Strom zahle ein Musterhaushalt im Februar 2023 im Schnitt 2022 Euro, wenn der Effekt der Preisbremse eingerechnet werde. Der durchschnittliche Strompreis liege bei 40,4 Cent pro Kilowattstunde. 2114 Euro koste diese Menge Strom in der Grundversorgung, im Durchschnitt der zehn günstigsten Alternativanbieter aber lediglich 1871 Euro.
Seit dem Jahresbeginn hat der Staat die Verbraucherpreise für Strom und Gas begrenzt. Der Gaspreis für private Haushalte wird bei 12 Cent pro Kilowattstunde gedeckelt. Beim Strompreis sind es 40 Cent, zumindest für den „Basisbedarf“, wie es die Bundesregierung nennt. Die Preisbremsen gelten für 80 Prozent des bislang durchschnittlichen Verbrauchs – gemessen am Vorjahr.
Zwischenzeitlich war in der Krise die Grundversorgung für Neukunden vergleichsweise kostengünstig. Jetzt ändert sich das Bild: Es gibt wieder mehr Wettbewerb. „Seit einigen Wochen werben wieder deutlich mehr Anbieter auf den Vergleichsportalen um Kunden. Viele Discounter sind darunter, aber auch einige Vertriebsmarken von Stadtwerken“, berichtet Christina Wallraf, Energieexpertin der Verbraucherzentrale NRW. Allerdings sei das Angebot „noch geringer als vor der Krise“. Die meisten Verbraucherinnen und Verbraucher hätten im vergangenen Jahr deutliche Preissteigerungen hinnehmen müssen. Für diese Menschen lohne sich nun ein Anbieterwechsel. Es gebe aber auch noch Haushalte, die einen günstigen Grundversorgungs- oder Bestandskundenvertrag hätten.
„Grundversorgung durchschnittlich teurer als alternative Tarife“
„Durchschnittlich betrachtet ist die Grundversorgung teurer als alternative Tarife am Markt“, erklärt Christina Wallraf. Es bestünden allerdings große Preisunterschiede. „Was ebenfalls eine Rolle spielen dürfte: Wie hat der Grundversorger mich durch die Krise gebracht? War er Rettungsanker in der Not oder hat er überdurchschnittlich hohe Preise genommen?“, so die Expertin. „Wenn die Preise fair waren und jetzt nur wenige Cent über dem Preisbremsen liegen, kann man mit dem Wechsel auch noch ein paar Monate warten. Ansonsten heißt es: Raus aus der Grundversorgung.“
Die Preisbremsen schmälerten nun die Ersparnis durch den Anbieterwechsel, merkt Christina Wallraf an. „Je nachdem, wie hoch mein aktueller Preis ist, lohnt sich der Wechsel aber trotzdem. Zudem gilt die Preisbremse nur für 80 Prozent des Vorjahresverbrauchs. Wer glaubt, wenig Energie einsparen zu können, sollte besser wechseln. Außerdem muss der Staat dann weniger Milliarden für die Preisbremsen ausgeben.“
Check24 sieht Sparpotenziale für Haushalte im Ruhrgebiet
Besonders hohe Sparpotenziale sieht Check24 beispielsweise bei einem Abschied aus der Gas-Grundversorgung in Herne, Witten, Duisburg und Dortmund. Beim Strom stehen unter anderem die Städte Herne, Dortmund, Oberhausen und Bochum oben auf der Liste des Vergleichsportals. Je nach Verbrauch könnten Kundinnen und Kunden einige hundert Euro im Jahr sparen.
Angesichts des aktuellen Preisniveaus an den Beschaffungsmärkten ließen sich Strompreise „mehrere Cent unterhalb der Preisbremse anbieten“, sagt Christina Wallraf. „Bei Gas liegen wir in etwa auf Preisbremsenniveau.“ Anbieter mit kurzfristiger Beschaffungsstrategie könnten schon jetzt diese Preise für Neukunden bieten. „Viele Stadtwerke kaufen langfristiger ein, die niedrigen Beschaffungskosten werden sich erst nach und nach bei den Verbrauchern bemerkbar machen.“ Ein marktgerechter Preis dürfe sich daher auch noch leicht über dem Niveau der Preisbremsen bewegen. „Strompreise jenseits der 50 oder sogar 60 Cent pro Kilowattstunde sind allerdings viel zu weit vom aktuellen Marktgeschehen entfernt.“