Frankfurt/Main. Die deutschen Geldinstitute haben die Finanzkrise nach Einschätzung der Bundesbank noch nicht überstanden. Bis zu 90 Milliarden Euro werden die Banken noch abschreiben müssen. Die Notenbanker bewerten die Gesamtlage allerdings als stabil - das sei auch ein Verdienst der Politik.
Die Finanz- und Wirtschaftskrise ist nach Einschätzung der Deutschen Bundesbank keineswegs überwunden, bei den Banken stehen noch Abschreibungen von bis zu 90 Milliarden Euro an. Die Bundesbank legte am Mittwoch ihren Finanzstabilitäts-Bericht vor und kommt zu dem Schluss, dass «eine ausreichende Risikotragfähigkeit der Finanzinstitute und die volle Funktionsfähigkeit der Märkte» noch nicht wieder hergestellt seien.
Allein auf Positionen der Klasse «Collateralised Debt Obligations» (CDO) schätzt die Bundesbank den voraussichtlich bis Ende 2010 anfallenden Abschreibungsbedarf deutscher Finanzinstitute auf 10 bis 15 Milliarden Euro. CDO ist der Oberbegriff für eine ganze Gruppe strukturierter Finanzprodukte. Sie dienen dazu, Kreditrisiken vom ursprünglichen Darlehensgeber weg zu verlagern beziehungsweise ihm Geld für neue Darlehen zu verschaffen. Ein Teil dieser Produkte gilt als Auslöser der weltweiten Finanzkrise.
Der weitaus größere Abschreibungsbatzen, der den Banken droht, schlummert in den Kreditbüchern: Hier könnte nach Einschätzung der Ökonomen ein Wertberichtigungsbedarf von 50 bis 75 Milliarden Euro anstehen. Allerdings heißt es in dem Bericht auch, angesichts der realwirtschaftlichen Aufhellung könnten die Verluste auch niedriger ausfallen.
Stabilisierungsmaßnahmen erfolgreich
Wie sehr die Wirtschaft im vergangenen Jahr am Abgrund stand, hebt die Bundesbank auch hervor: Die Finanzkrise in Wechselwirkung mit einem seit mehr als 50 Jahren nicht mehr gesehenen Einbruch des globalen Wachstums drohte in eine «kaum noch kontrollierbare Abwärtsspirale» zu münden, heißt es im Bericht. Mit Hilfe der diversen Maßnahmen sei dann aber gelungen, die Märkte zu stabilisieren. Dennoch könne die Krise «keineswegs als überwunden angesehen werden».
Ein Ausstieg aus den Stabilisierungsmaßnahmen, die in der Krise angewendet wurden, sei nur in dem Maße angemessen, «in dem sich das Marktumfeld und die Widerstandskraft des Finanzsektors nachhaltig verbessert haben». Zugleich hätten die stützenden und stabilisierenden Maßnahmen zu Lasten geführt, die das Gemeinwesen künftig tragen muss. Dies gelte vor allem für die in vielen Industrieländern rapide gestiegene Staatsverschuldung.
Ausgangslage vergleichsweise günstig
Insgesamt sei die Ausgangslage in Deutschland für eine Bewältigung der Finanzkrise vergleichsweise günstig. «Sie zeichnet sich insbesondere durch eine tragbare Verschuldung der inländischen nichtfinanziellen Unternehmen sowie der privaten Haushalte aus.» Der Anteil notleidender Kredite sei entsprechend gering. Zudem gebe die Entwicklung der Immobilienpreise in Deutschland keine Hinweise auf eine Blasenbildung. Damit seien die Kreditrisiken in der Immobilienfinanzierung begrenzt.
Außerdem hätten die Maßnahmen zur Stabilisierung der Konjunktur die finanzielle Lage der Privathaushalte und der Unternehmen gestützt. «Damit haben diese sich weniger problematisch entwickelt, als zu Jahresbeginn gelegentlich vermutet.» Jetzt hätten die Banken Zeit, um sich auf die absehbaren Belastungen vorzubereiten und ihre Altlasten zu bewältigen. Den Finanzinstituten attestiert die Bundesbank zudem, sie hätten ihre Eigenkapitalsituation im Durchschnitt verbessert. «Ihr Verschuldungsgrad ist spürbar gesunken.» (ap)