Wolfsburg/Osnabrück. Aufatmen beim insolventen Autobauer Karmann: Volkswagen steigt bei dem Auftragsfertiger ein, teilte der Autohersteller am Freitag mit. Ab 2011 sollen 1000 neue Jobs in der Fahrzeugproduktion entstehen.

Volkswagen will große Teile des Autobauers Karmann übernehmen und dort 1.000 neue Jobs schaffen. Wie der Konzern am Freitag mitteilte, soll auf dem Firmengelände von Karmann in Osnabrück eine Volkswagen-Tochter ab 2011 eine Fahrzeugproduktion mit letztlich 1.000 Jobs aufnehmen. Dazu werden Maschinen, Anlagen und Grundstücke von Karmann gekauft. VW müsse nur noch «abschließende Verhandlungen mit den Gesellschaftern der Karmann Besitzgesellschaft und dem Insolvenzverwalter führen», wie es hieß.

Mitarbeiter des insolventen Zulieferers Karmann werden nicht direkt übernommen. Offenbar können sich Karmann-Arbeiter aber gute Chanchen auf einen der 1.000 Jobs ausrechnen: «Mitarbeiter und ehemalige Mitarbeiter der Firma Karmann verfügen über langjährige Erfahrung in der Produktion von Kleinserienmodellen, auf die entsprechend des Bedarfs zurückgegriffen werden soll», erklärte VW nach einer Sitzung des Aufsichtsrates. Möglicherweise soll in Osnabrück eine Neuauflage des Golf-Cabrio entstehen.

Wie die IG Metall mitteilte, verdienen die neuen VW-Mitarbeiter in Osnabrück zunächst weniger Geld als andere VW-Werker. Es gelte grundsätzlich der Flächentarifvertrag. Für den Zeitraum bis Ende 2014 werde ein Ergänzungstarifvertrag abgeschlossen, mit dem die Beschäftigten auf Weihnachts- und Urlaubsgeld verzichten. Ab 2015 gilt der Flächentarifvertrag ohne Abstriche, wie die IG Metall erklärte.

IG Metall stimmt Gehaltseinbußen zu

Für Karmann geht mit dem Verkauf des Geländes an VW eine mehr als 100-jährige Firmengeschichte zu Ende. Firmengründer Wilhelm Karmann fertigte in einer Fabrik für Kutschwagen schon 1902 die erste Autokarosserien. In den 20er Jahren war sein Unternehmen Karosseriebauer für Citroen, Chrysler, Mercedes oder Opel. Nach dem zweiten Weltkrieg rollten bei Karmann VW-Käfer-Cabriolets vom Band. Der auf einer VW-Plattform gefertigte Karmann Ghia wurde zu dem Sportwagen des deutschen Wirtschaftswunders. Das erfolgreichste Auto der Firmengeschichte war der VW Scirocco, von dem Karmann 800.000 Stück herstellte.

In den vergangenen Jahrzehnten rollten in Osnabrück Cabrios für Ford, Audi, Porsche, BMW und Mercedes und auch VW-Golf-Cabrios vom Band. In den letzten Jahren holten die Konzern aber die Produktion zurück in eigene Werke, Karmann stoppe den Auftragsbau.

Daneben gibt es noch die seit April insolvente Wilhelm Karmann GmbH mit noch 902 ungekündigten Beschäftigten, die vor allem Cabriodächer als Zulieferer für verschiedene Hersteller baut.

Osnabrück ist die politische Heimat des niedersächsischen Ministerpräsidenten Christian Wulff, der das Land im VW-Aufsichtsrat vertritt. Wulff hat sich seit der Karmann-Insolvenz mit Nachdruck für eine Lösung eingesetzt. (ap)