Berlin. Aus einem internen Papier der FDP geht wohl hervor, dass die Liberalen bei einer Regierungsbeteiligung den Post-Mindestlohn kippen wollen. Grund sei laut einem Medienbericht eine Verschlechterung am Postmarkt. Zudem gibt es Zwist zwischen Union und FDP bei der Regelung für Zeitarbeiter.

Die FDP will in einer schwarz-gelben Koalition den Mindestlohn bei der Post wieder abschaffen. Das berichtete die «Leipziger Volkszeitung» am Dienstag unter Berufung auf ein Positionspapier der FDP. Uneinigkeit zwischen FDP und Union deutete sich beim Thema Mindestlohn für Zeitarbeiter an.

Die «Strategie, dem Marktbeherrscher mit dem Mindestlohn neue Privilegien zu geben und alte mit der Umsatzsteuerbefreiung zu erhalten», habe zu einer Verschlechterung am Postmarkt geführt, schrieb der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Rainer Brüderle, dem Bericht zufolge in dem Papier. «Konkurrenten wurden staatlich geduldet in die Insolvenz getrieben.» Die durch den Mindestlohn entstandene Belastung bringe zudem auch den Marktbeherrscher Post in Schwierigkeiten, warnte Brüderle laut «LVZ».

Mindestlöhne seien hinderlich

Der FDP-Haushaltspolitiker Otto Fricke unterstützte die Forderung Brüderles. «Wenn mehr Arbeitsplätze geschaffen werden sollen, sind Mindestlöhne in Branchen, wie derzeit im Postgewerbe, hinderlich», sagte Fricke der Nachrichtenagentur AFP. «Allein schon deswegen passen die von der großen Koalition beschlossenen Mindestlöhne und deren geplante Ausweitung nicht zu dem Ziel, mehr Arbeitsplätze zu schaffen. Von dieser Überzeugung werden wir auch bei der Deutschen Post AG nicht abweichen.»

Brüderle wies in der «Financial Times Deutschland» vom Dienstag zudem einen Vorstoß aus der CDU zurück, einen Mindestlohn für Zeitarbeiter einzuführen. Der nordrhein-westfälische Arbeitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) forderte in der Zeitung eine solche Regelung bis 2011, wenn in der EU volle Freizügigkeit auf dem Arbeitsmarkt gelten soll. «Schaffen wir bis dahin keinen gesetzlichen Rahmen für diese Branche, kann Zeitarbeit in Deutschland mit osteuropäischen Löhnen angeboten werden», sagte der Chef des Sozialflügels in der Union.

CSU-Chef Horst Seehofer kündigte an, dass es mit seiner Partei in einer schwarz-gelben Koalition «keine neoliberalen Reformen im Arbeits- und Sozialbereich» geben werde. Die CSU bleibe die «Schutzmacht der kleinen Leute», sagte Seehofer der «Sächsischen Zeitung».

"Meilenstein für Arbeitnehmer"

In Berlin trat der Hauptausschuss für Mindestarbeitsentgelte nach dem Mindestarbeitsbedingungengesetz am Dienstag zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen. Ressortchef Olaf Scholz (SPD) sprach von «einem Meilenstein für die Arbeitnehmer» in Deutschland. Der Hauptausschuss soll feststellen, für welche Wirtschaftszweige Lohnuntergrenzen verbindlich eingeführt werden sollen. Dies ist dem Gesetz zufolge auf Wirtschaftszweige beschränkt, in denen die tarifgebundenen Arbeitgeber weniger als 50 Prozent aller in der betreffenden Branche tätigen Arbeitnehmer beschäftigen.

Die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Grünen, Brigitte Pothmer, kritisierte das Gremium als «Papiertiger». Das von der Union durchgesetzte Vorrangprinzip für bestehende Niedrigstlohntarifverträge erlaube es Arbeitgebern, weiterhin Billiglöhne zu zahlen. Der Vize-Chef der Linkspartei, Klaus Ernst, kritisierte die Vorstellung des Beirats zum jetzigen Zeitpunkt «als SPD-Wahlkampfgetöse».

Scholz kündigte auch Fortschritte für die Mindestlöhne im Pflegebereich an. Hier hatte der Minister am Freitag die Mitglieder der ersten Kommission zur Erarbeitung von Arbeitsbedingungen in der Alten- und ambulanten Krankenpflege berufen. (afp)