Essen. Wer im Internet Persönliches preisgibt, darf sich nicht wundern, wenn seine Daten von Dritten missbraucht werden, sagen Datenschutzexperten. Die Datensammelwut erfasst immer mehr Bereiche. Drei Beispiele.
Wer Kunde von T-Mobile ist, wird sich unlängst über eine SMS gewundert haben. In der Kurznachricht forderte der Mobilfunkanbieter dazu auf, der so genannten Inverssuche zu widersprechen, ansonsten werde die Handynummer für die Rückwärtssuche freigegeben. Was Anfang des Jahrtausends noch für viel Wirbel gesorgt hatte und zur Folge hatte, dass Telefonbuch-CDs für den PC vom Markt genommen werden mussten, die eine Rückwärtssuche anhand der Nummer ermöglichten, ist seit 2004 Gesetz.
Wer nicht widerspricht, erlaubt Auskunftsdiensten, Name und Adresse preiszugeben, wenn der Suchende nur eine Telefonnummer parat hat und diese nicht zuordnen kann. Betroffen sind rund 1,2 Millionen T-Mobile-Kunden, die zwar über einen Telefonbucheintrag verfügen, sich zur Rückwärtssuche aber bislang nicht geäußert haben. Festnetzkunden der Telekom wurden bereits 2004 auf die Möglichkeit hingewiesen, der Rückwärtssuche zu widersprechen. Wieviele das getan haben? Reine Spekulation.
"Wo die Daten landen, ist kaum überschaubar"
Peter Schaar, Bundesbeauftragter für den Datenschutz, rät Telefonkunden, genau zu überlegen, ob sie ihre Daten in ein öffentliches Verzeichnis eintragen lassen: „Dritte, etwa wenn sie im Ausland sitzen, scheren sich nicht um deutsches Datenschutzrecht.”
Doch nicht nur beim Telefonbuch droht Datenklau. Das sperrig klingende „Gesetz zur Änderung seeverkehrsrechtlicher, verkehrsrechtlicher und anderer Vorschriften mit Bezug zum Seerecht” wurde bereits 2008 vom Bundestag fast unbemerkt von der Öffentlichkeit durchgewunken. Es erlaubt Behörden, Name, Ausweisnummer sowie Abfahrts- und Ankunftshafen der Reisenden zu speichern. Diese Daten dürfen laut Alvar Freude von der Online-Demonstrations-Plattform für Menschen- und Bürgerrechte im digitalen Zeitalter (ODEM) an nicht näher spezifizierte „öffentliche Stellen“ übermittelt werden – außerdem, falls nötig, an Hafenbetriebe, Schiffsmeldestellen, Hafendienstleister und andere nichtöffentliche Stellen – sprich private Firmen. „Wo die Daten überall landen, ist also kaum überschaubar”, sagt Freude.
Und noch ein Projekt, das aus Sicht von Datenschützern zumindest bedenklich ist: der so genannte elektronische Stromzähler, der es Energieanbietern erlaubt, Nutzerprofile ihrer Kunden zu erstellen. Die Versorger argumentieren, so könne der Kunde seinen Stromverbrauch besser steuern, weil er jederzeit Einblick über das Internet habe.
"Kontroll-Mechanismen müssen beim Kunden liegen"
Bislang noch Zukunftsmusik: Datenchips in den Haushaltsgeräten, die mit den Zählern und somit auch mit dem Versorger kommunizieren. Der Anbieter weiß dann, wann der Nutzer Toaster, Fernseher oder aber Herd einschaltet.
Peter Schaar nennt den neuartigen Stromzähler „eine technische Innovation, die erst einmal plausibel klingt, deren Missbrauchspotenzial aber groß ist, weil die Technologie eine völlige Transparenz des Nutzers ermöglicht”. Er fordert: „Die Mechanismen zur Kontrolle der Daten müssen beim Kunden liegen.”
RWE will sich daran halten. Der Energieversorger plant, bis Ende 2011 in Mülheim in 100 000 Haushalten elektronische Zähler zu verbauen.