Karlsruhe. Gaskunden mit Sonderverträgen können sich künftig besser gegen Preiserhöhungen wehren. Der Bundesgerichtshof erklärte Verträge mit Klauseln für unwirksam, in denen nur das Recht auf Preiserhöhung festgeschrieben ist. Betroffene Kunden können Erhöhungen ablehnen.
Hunderttausende von Gaskunden können künftig Gaspreiserhöhungen ablehnen. Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hat am Mittwoch Preisanpassungsklauseln in Sonderverträgen für unwirksam erklärt. Danach stellt es eine unangemessene Benachteiligung der Gaskunden dar, wenn sich der Gasversorger Preiserhöhungen vorbehält, sich aber nicht zur Weitergabe von Preissenkungen verpflichtet.
Meisten Gaskunden betroffen
Die beiden aktuellen BGH-Urteile betreffen Gaskunden mit Sonderverträgen. Bei Sonderverträgen schließen Kunden einen Vertrag über einen längeren Zeitraum ab und erhalten dafür geringere Bezugspreise. Da die große Mehrheit der Verbraucher inzwischen Sonderverträge abgeschlossen hat, betrifft das Karlsruher Urteil die meisten Gaskunden.
Auch die jetzt vom BGH beanstandeten Preisanpassungsregelungen werden von vielen Gasversorgern in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen benutzt. Darin behalten sich die Energieversorger vor, Preisschwankungen weiterzugeben. Die uneindeutige Formulierung kann dazu führen, dass Preiserhöhungen auf dem Gasmarkt weitergegeben werden, nicht jedoch Senkungen. Solche Kann-Bestimmungen sind nicht mehr zulässig. Vielmehr muss klargestellt sein, dass während der Laufzeit des Vertrages sowohl Anhebungen als auch Senkungen an den Kunden weitergegeben werden.
In den beiden Musterprozessen hatte die Verbraucherzentrale Bremen gegen die Gasunion und ein Privatmann aus Berlin gegen die GASAG geklagt. Beide hatten erst in letzter Instanz vor dem BGH Erfolg.
Fragen zu Rückforderungen noch nicht geklärt
Der zuständige VIII. Zivilsenat stellte zunächst fest, dass nach dem Gesetz sowohl Preiserhöhungen als auch Preissenkungen auf dem Markt an Gaskunden ohne Sondervertrag weitergegeben werden müssen. Dieses gesetzliche Leitbild dürften die Versorger auch auf Sonderkunden übertragen. Das sei aber nicht geschehen; vielmehr hätten die GASAG und die Gasunion Kann-Bestimmungen verwendet, die die Abwälzung gestiegener Kosten zulassen, jedoch nicht zur Weitergabe gefallener Marktpreise verpflichten. Preisanpassungen müssten aber in beide Richtungen mit den gleichen Maßstäben gelten.
Den Einwand der Gasversorger, ein Sonderkunde könne den Vertrag bei Preisänderungen kündigen, ließen die Karlsruher Bundesrichter nicht genügen. Das Kündigungsrecht bei Preisänderungen sei gesetzlich vorgeschrieben und deshalb nicht tauglich, die Benachteiligung des Kunden durch die Kann-Vorschrift auszugleichen.
Das Urteil hat zur Folge, dass sich Gaskunden gegen künftige Preiserhöhungen wehren können, falls ihr Vertrag nicht die Pflicht zur Weitergabe von Gaspreissenkungen enthält. Ob auch Rückforderungen möglich sind, ist eher unwahrscheinlich. Der BGH hatte früher entschieden, dass ein Kunde den neuen Preis akzeptiert, wenn er nicht zeitnah Einspruch erhebt. Das frühere Urteil bezog sich allerdings auf Tarifkunden, nicht auf Sonderkunden. Ob Sonderkunden Rückforderungen stellen können, ist noch nicht entschieden worden.
(Aktenzeichen: Bundesgerichtshof++ VIII ZR 56/08 und VIII ZR 225/07)