Essen. . Nach der Ankündigung des Abbaus von 9600 Stellen stellte sich Commerzbank-Vorstand Michael Mandel in Essen den Fragen von WAZ-Lesern.
Commerzbank-Vorstand Michael Mandel ist gut gelaunt, als er die Fragen der WAZ-Leser beantwortet. Dabei hatte die zweitgrößte deutsche Bank erst wenige Tage zuvor bekannt gegeben, dass sie 9600 Stellen bis 2020 ab- und den Konzern völlig umbauen werde. Mandel ist auch deshalb so entspannt, weil das Privatkundengeschäft, das er verantwortet, profitabel ist. „Im November werden wir den millionsten neuen Kunden seit Ende 2012 begrüßen können“, sagt der Manager.
Beim WAZ-Leserforum im Essener Haus der Technik kommt Mandel aber auch auf die negative Seite der Wahrheit zu sprechen. „Die gegenwärtige Eigenkapitalrendite von 2,9 Prozent kann uns nicht zufrieden stellen“, erklärt der Commerzbank-Vorstand und räumt ein: „Wir brauchen eine höhere Profitabilität. Daran arbeiten wir jetzt.“
„Filiale der Zukunft“ entsteht in Bochum
Mit Rücksicht auf die Verhandlungen mit dem Betriebsrat will sich Mandel durch Fragen von WAZ-Chefredakteur Andreas Tyrock und WAZ-Wirtschaftschef Stefan Schulte nicht entlocken lassen, wie viele Stellen wo abgebaut werden. Fest stehe nur, dass die Commerzbank „80 Prozent der Prozesse digitalisieren“ wolle. „Die Arbeitsplätze, die früher zum Beispiel für manuelle Buchungen notwendig waren, fallen dadurch leider weg“, sagt der Banker. Dafür würden an anderer Stelle rund 2300 Stellen neu entstehen.
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Die Frage einer Leserin, ob die Commerzbank-Filiale in Essen-Frohnhausen erhalten bleibe, beantwortet der Vorstand ohne zu Zögern mit Ja. Kern der Neuausrichtung sei es, parallel auf das Geschäft in den Filialen und im Internet zu setzen. „Wir fühlen uns mit unseren rund 1000 Filialen in Deutschland wohl“, erklärt Mandel und versichert, dass es nicht zu Filialschließungen im großen Stil kommen werde.
Wie die Filiale der Zukunft aussehen wird, will die Commerzbank ab 17. November in Bochum zeigen. Als erster Standort in NRW soll dort das neu entwickelte „Flagship“-Konzept an den Start gehen, das in bis zu 100 großen Städten ausgerollt werden soll. Dort sollen die Kunden alle Dienstleistungen von der Baufinanzierung bis zum Aktiengeschäft in Anspruch nehmen können. Die übrigen „City-Filialen“ sollen dagegen nur ein eingeschränktes Angebot wie Kontoeröffnung und Festgeldanlagen vorhalten.
Wie will die Commerzbank wieder mehr Geld verdienen?
Angesichts der Nullzins-Politik der Europäischen Zentralbank (EZB) will einem WAZ-Leser nicht einleuchten, wie die Commerzbank wieder mehr Geld verdienen will. Mandel räumt ein, dass auch sein Haus etliche Milliarden bei der EZB geparkt habe und dafür Strafzinsen zahlen müsse. „Das drückt natürlich auf das Ergebnis unserer Bank“, so der Vorstand. Mandel rechnet nicht damit, dass die Zinsen bald spürbar steigen werden. Trotz der anhaltenden Zinsflaute sieht er aber keine neue Finanzkrise aufziehen. Wachsen wolle die Commerzbank, indem sie ihrer erklärten Strategie nachgeht, „zwei Millionen zusätzliche Kunden in den nächsten Jahren“ zu gewinnen. Zudem setze das Institut auf Wachstum bei Krediten, Wertpapieren, Geldanlagen und im Zahlungsverkehr.
Der Commerzbank-Vorstand sieht nicht im niedrigen Zinsniveau das eigentliche Dilemma für Geldanleger. „In Deutschland liegen zwei Billionen Euro Spar- und Termineinlagen herum, um die sich niemand kümmert. Das Kümmern um Vermögen ist zum Hauptproblem geworden“, erklärt Mandel. Eine „schleichende Enteignung“ sei unweigerlich die Folge. Der Banker befürchtet allerdings, dass Altersvorsorge „bei dieser Verzinsung nicht mehr funktioniert“. Michael Mandel: „Früher konnten Sie Ihr Vermögen allein mit Zins und Zinseszins innerhalb von 15 Jahren verdoppeln. Im Augenblick wären dafür mehr als 300 Jahre nötig.“