Bielefeld. Wer sich Geld leiht, zahlt dafür Zinsen. Normalerweise. Mehrere NRW-Kommunen bekommen im Moment aber Geld für ihre Schulden – dank des Negativzinses.
- Niedrige Zinsen spielen klammen Kommunen in die Hände
- Etliche Städte verlangen von Investoren Geld, wenn sie Kredite aufnehmen
- In einer Kommune kommt sogar ein sechsstelliger Betrag in die Kasse
Anstatt Zinsen zu zahlen, verdienen mehrere Kommunen in NRW im Moment Geld mit ihren Schulden. Wegen der extrem niedrigen Zinsen können Städte wie Bielefeld, Herne oder Remscheid von Investoren teilweise Geld verlangen, wenn sie Kredite aufnehmen – so genannte Negativzinsen. Einen nennenswerten Effekt auf den Haushalt haben die geringen Beträge aber nicht, sagen die Kämmerer.
Durch Minuszinsen auf Kredite verzeichnet beispielsweise Remscheid Einnahmen von 260 Euro, Herne kassierte 5000 Euro und in Bielefeld werden die Einnahmen dieses Jahr sogar im niedrigen sechsstelligen Bereich liegen. Bei einer Verschuldung von über einer Milliarde Euro eröffne diese Summe aber keine neuen finanziellen Möglichkeiten, sagt der Leiter des Bielefelder Amtes für Finanzen, Joachim Berens.
Einnahmen werden nicht eingeplant
In Bergisch-Gladbach brachte das Geschäft mit den Negativzinsen bisher unter dem Strich 3000 Euro in die Stadtkasse. "Damit kann man sich im übertragenen Sinne gerade mal eine Tube Zahnpasta kaufen", sagt ein Sprecher.
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Es böten ohnehin wenige Geldinstitute Kredite zu solchen Konditionen an, sagt der Wuppertaler Kämmerer Johannes Slawig. Wuppertal wird bis zu 20.000 Euro Zinserträge durch Schulden verzeichnen. Auch weil der Zinssatz sich stetig ändern könne, plane man die Einnahmen nicht ein, sagt er. "Volkswirtschaftlich ist das mit dem Negativzins eine hochgradig fragwürdige Entwicklung", sagt der Kämmerer. Der Einsatz von Kapital lohne sich dadurch nicht mehr.
Viel wichtiger als die relativ niedrigen Einnahmen aus Negativzinsen ist für die Kommunen, dass sie insgesamt weniger hohe Zinsen auf ihre Kredite zahlen müssen. Ende 2015 waren die NRW-Kommunen mit rund 62 Milliarden Euro verschuldet. Da mache sich die Niedrigzinsphase bemerkbar, sagt Benjamin Braun, Wissenschaftler am Max-Planck-Institut Köln. "Der Druck auf das Budget wird etwas rausgenommen."
Zentralbanken verlangen Strafzinsen von Geldinstituten
Dass Anleger überhaupt bereit sind, Negativzinsen zu bezahlen, liegt an den Strafzinsen, die die Zentralbanken von Geldinstituten verlangen. Bevor sie diese Strafzinsen an die Zentralbank entrichten, zahlen manche Banken lieber geringe Negativzinsen dafür, dass zum Beispiel Kommunen ihnen in Form von Krediten das Geld abnehmen. (dpa)