Duisburg. . Der Betriebsrat von Thyssen-Krupp macht gegen eine mögliche Fusion mit Tata mobil. Die Arbeitnehmer befürchten Standortschließungen – und werden deutlich.

Aus den Worten von Günter Back spricht Verwunderung. „Ich habe heute erstmals in einer Betriebsräte-Vollkonferenz Plakate von Herrn Beitz gesehen“, erzählt Back nach dem Treffen von rund 250 Thyssen-Krupp-Arbeitnehmervertretern im Duisburger Stadtteil Rheinhausen. Back, der Betriebsratschef der Stahlsparte, sieht ebenso wie mancher seiner Kollegen das unternehmerische Erbe der Industrielegende Beitz bedroht. Mit der aktuellen Vorstandsriege von Thyssen-Krupp geht Back hart ins Gericht. Auch den Vorstandschef greift er direkt an. Ihn störe, dass Heinrich Hiesinger den Stahlbereich „dauernd infrage stelle“. Hiesinger, der vom Technologiekonzern Siemens nach Essen gewechselt war und seit 2011 Thyssen-Krupp führt, habe doch gewusst, dass er zu einem Stahlunternehmen gehe. Doch nun wolle er den Stahl „aus dem Konzern rausreden“. Wenn das aber so sei, „dann kann das nicht mehr unser Mann sein“, urteilt Back.

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Die Tonlage bei Thyssen-Krupp verschärft sich. Die Betriebsräte machen gegen eine mögliche Stahlfusion mit dem indischen Konzern Tata mobil. Die Betriebsräte erinnern in diesem Zusammenhang an ein Treffen mit Hiesinger am 2. Juni. Dabei sei ihnen klar geworden, dass der Konzernchef in jedem Fall Anlagen oder Standorte schließen wolle. Die Verunsicherung in der Belegschaft sei groß. „Irgendwo wird es einschlagen, aber niemand weiß wo“, sagt Oliver Möscheid, der Betriebsratschef von Thyssen-Krupp in Hohenlimburg.

Investor Cevian mache Druck, heißt es

Winfried Stenz von der Thyssen-Krupp-Tochter Rasselstein in Andernach verweist auch auf den Druck des Finanzinvestors Cevian, der nach der Krupp-Stiftung zweitgrößter Aktionär ist. „Hiesinger muss ein Opfer bringen – und das ist aus meiner Sicht der Stahlbereich“, sagt Stenz. Nun gehe es darum, die Bilanz aufzuhübschen.

Die Angriffe der Betriebsräte richten sich auch gegen Finanzvorstand Guido Kerkhoff. Axel Ganseuer, der Betriebsratschef von Thyssen-Krupp Siegerland in Kreuztal, wirft Kerkhoff vor, Unsicherheit bei den Beschäftigten zu schüren. Wenn Kerkhoff den Mitarbeitern sage, „man muss eine Periode einer gewissen Unsicherheit aushalten können“, dann sei das aus seiner Sicht „unmenschlich“, schimpft Ganseuer, da die Beschäftigten um ihre Existenz fürchten. Das entspreche nicht dem Unternehmensleitbild von „Ehrlichkeit, Offenheit und Transparenz“.

Auch Thyssen-Krupp-Stahlchef Andreas Goss hat an dem Treffen in Rheinhausen teilgenommen. Betriebsratschef Back sagt, Goss sei von Hiesinger aufgefordert worden, bis Mai 2017 ein Konzept vorzulegen, wie sich die Stahlsparte aufstellen soll. Von einer „Wertlücke“ von 800 Millionen bis 1,6 Milliarden Euro sei die Rede gewesen. Goss habe vor den Betriebsräten gesagt, allein die Personalkosten seien um 200 Millionen Euro zu hoch. Back nennt dies „eine Provokation“ und erinnert an die finanziellen Opfer der Belegschaft.

Soll ein Keil in die Belegschaft getrieben werden?

Goss betont indes, Europas Stahlmarkt sei von stagnierender Nachfrage, massiven Überkapazitäten, Dumping-Importen und steigenden Kosten geprägt. „Wenn unser Stahlgeschäft eine Zukunft haben soll, können wir nicht die Augen davor verschließen, dass wir unterausgelastete Anlagen haben und es massive Überkapazitäten im Markt gibt“, so Goss.

Die Betriebsräte kritisieren indes, Goss habe nicht klar gesagt, dass sich der Konzern an seine Zusage halten werde, bis 2020 auf betriebsbedingte Kündigungen zu verzichten. Es gebe Versuche der Konzernführung, einen Keil zwischen die Belegschaften an den Standorten zu treiben. So sei ihm signalisiert worden, dass am starken Standort Duisburg die Zahl der Beschäftigten sogar steigen könne – anders als in kleineren Werken. „Ich habe das als Frechheit empfunden“, sagt Günter Back dazu.