Essen. . Essener verhandeln mit indischer Tata über Gemeinschaftsunternehmen zu gleichen Anteilen. Stahl-Aufsichtsratsvize Wetzel kündigt Widerstand an
Kurz bevor stand die Stahlfusion von Thyssen-Krupp und Tata angeblich schon häufiger. Nun verdichten sich die Anzeichen für eine Partnerschaft des Essener Dax-Konzerns mit dem indischen Konkurrenten im europäischen Stahlgeschäft aber deutlich. Der Stahlbetriebsrat warnte bereits vor Standortschließungen als möglicher Folge. Nach Informationen dieser Zeitung aus Konzernkreisen reden beide Unternehmen derzeit intensiv über eine gleichberechtigte Partnerschaft.
Wie es hieß, stelle der Konzernvorstand die Stahlsparte vor die Alternativen einer Fusion oder aber eines neuen Sparprogramms bei einem weiteren Alleingang. Der Konzern reklamiert Handlungsdruck aufgrund der Branchenkrise, die Arbeitnehmerseite droht dagegen mit heftigem Widerstand.
Das „Manager Magazin“ berichtet, man habe für die Stahl-Ehe eine Grundsatz-Einigung bereits fast vollständig ausgehandelt, „in wenigen Wochen“ könne der Vertrag unterschriftsreif sein. Dabei ist ebenfalls von einem Gemeinschaftsunternehmen die Rede, an dem die Partner je 50 Prozent halten sollen. Würden dieser Gesellschaft Pensionslasten und Schulden übertragen, könnte Thyssen-Krupp seinen bedrohlich hohen Verschuldungsgrad von zuletzt 175 Prozent des Eigenkapitals drücken, was für die Kreditbeschaffung von großer Bedeutung wäre.
Die Stahlsparte selbst könnte bei einer Fusion mit Tata Überkapazitäten abbauen, was bedeuten würde, verlustträchtige Werke beider Partner zu schließen, womöglich auch in Deutschland. Damit könnten die modernsten Anlagen wie Thyssen-Krupps Herzstück in Duisburg, besser ausgelastet und so die Erträge verbessert werden.
Thyssen-Krupp äußerte sich zu den Details gestern nicht. Dass in der unter Produktionsüberhängen in Europa und Billigimporten aus China leidenden Branche „jeder mit jedem“ spreche, räumt man in der Zentrale schon länger ein. Konzernchef Heinrich Hiesinger hat mehrfach gesagt, Thyssen-Krupp wolle im Konsolidierungsprozess aus einer Position der Stärke heraus agieren, sprich: aktiv werden.
Da Thyssen-Krupp mit seinem europäischen Stahlgeschäft zuletzt wieder mehr Geld verdient hat, sehen Betriebsräte und IG Metall den Automatismus Richtung Fusion so nicht. „Die Notwendigkeit einer Konsolidierung ist der Arbeitnehmerseite bisher in keiner Weise belegt worden“, sagte Detlef Wetzel, früherer IG-Metall-Chef und nach wie vor Aufsichtsrats-Vizechef bei Thyssen-Krupp Steel (TKS), dieser Zeitung.
Stahlzentrale mit Sitz in Holland?
Er warnte zugleich: „Der Stahl darf nicht in Mithaftung genommen werden für die hohen Konzernschulden. Wenn es nur darum geht, Schulden in eine neue Gesellschaft auszulagern, dann nicht mit uns.“ Und weiter: „Wenn eine Vereinbarung geschlossen wird, die Nachteile für die Belegschaft mit sich bringt, muss der Konzern auch eine Lösung dieser Probleme aufzeigen. Diese einfach dem Betriebsrat auf den Hof zu stellen, werden wir nicht akzeptieren.“
Nicht ganz unwichtig ist auch die Frage, wo ein Stahlunternehmen aus Thyssen-Krupp und Tata seinen Sitz hätte. Natürlich käme Duisburg infrage als größter Stahlstandort Europas. Tata betreibt sein größtes und ebenfalls hochmodernes Stahlwerk in IJmuiden, direkt an der niederländischen Nordseeküste. Auch steuerlich wäre das Nachbarland als Unternehmenssitz interessant.