Essen. . Angesichts der Fusionsgespräche von Thyssen-Krupp und Tata gibt es Unruhe. Ob Standorte bedroht sind, lässt die Konzernspitze offen.

Die Sorgen in der Belegschaft von Thyssen-Krupp sind groß. „Thyssen-Krupp-Chef Hiesinger hat es deutlich gemacht. Die Stahl-Sparte soll restrukturiert werden“, heißt es in einem Flugblatt der IG Metall. „Damit liegt klar auf dem Tisch, dass Anlagen und Standorte geschlossen werden sollen.“ Für Freitag (12.8.) ist ein Treffen von etwa 300 Betriebsräten in Duisburg geplant.

Die Konzernführung tat bei der Vorstellung der Quartalszahlen wenig, um die Ängste zu zerstreuen. „Man muss eine Periode einer gewissen Unsicherheit aushalten können“, sagte Guido Kerkhoff, der Finanzvorstand. Er kündigte weitere Kosteneinsparungen an. Ob es Standortschließungen geben werde, ließ er offen. Es gebe „keine Beschlüsse“, sagte er, verwies aber auf den scharfen Wettbewerb.

Vor dem Hintergrund der Gespräche mit dem indischen Konkurrenten Tata über eine mögliche Zusammenarbeit dürften die Äußerungen in der Belegschaft besonders aufmerksam verfolgt werden. Von Arbeitnehmervertretern werden die Planspiele argwöhnisch beäugt. Hinter vorgehaltener Hand wird über das Modell „Tütata“ – kurz für Thyssen-Krupp-Tata – gespottet.

„Wir sprechen mit mehreren Parteien“

Eine wichtige Rolle spielt für den indischen Konzern das Stahlwerk im niederländischen Ijmuiden. Thyssen-Krupp würde in eine mögliche Fusion den großen Werkskomplex in Duisburg einbringen. Bei Betriebsräten gibt es Befürchtungen, vor allem kleinere Standorte könnten dann Schaden nehmen. Vom Warmwalzwerk in Bochum ist die Rede, ebenso von Standorten im siegerländischen Kreuztal und in Gelsenkirchen. Sorgen gibt es auch beim Salzgitter-Gemeinschaftsbetrieb HKM in Duisburg.

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Thyssen-Krupp will sich nicht nur auf die Gespräche mit Tata konzentrieren. „Wir sprechen mit mehreren Parteien“, sagte Hiesinger. Namen nannte er nicht. Zugleich machte er deutlich, dass es bei Fusionen auch zu einer Verringerung der Produktionskapazitäten kommen könne.

Hoffnungen der Arbeitnehmervertreter ruhen auch auf der Politik. Das Kalkül lautet: Die Probleme der Stahlindustrie lassen sich vielleicht lösen, wenn der Dumping-Stahl aus China vom Markt verschwindet und die Klimagesetzgebung den Unternehmen akzeptable Rahmenbedingungen bietet.

Gabriel macht im Streit mit China Druck

Im Streit mit China macht Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) Druck. „Wir müssen bereit sein, die Strafzölle auch weiter nach oben anzupassen, wenn es notwendig wird“, sagte Gabriel unserer Redaktion. „Die Chinesen produzieren zu Preisen unter Herstellungskosten und exportieren den Überschuss nach Deutschland und Europa. Das hat doch mit fairer, sozialer Marktwirtschaft nichts mehr zu tun. In China gibt es einen Staatskapitalismus, der zu Lasten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer genauso wie der Umwelt geht.“

Auch Pläne der EU-Kommission für den Emissionshandel lösen in der Stahlindustrie Sorgen aus. Es gibt Bestrebungen, die CO2-Zertifikate zu verteuern, um mehr Anreize für den Klimaschutz zu vergeben. Gabriel betonte, die energieintensiven Industrien dürften durch die Neuordnung des Emissionshandels nicht zusätzlich belastet werden. „Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir hier zu einer Lösung kommen, die der deutschen Stahlindustrie weiter hilft und die Arbeitsplätze sichert.“

Zur Frage, ob er im Zusammenhang mit den Gesprächen von Thyssen-Krupp und Tata die Sorge um Stahl-Arbeitsplätze in Deutschland teile, sagte Gabriel: „Natürlich muss man diese Sorgen ernst nehmen. Denn wir wissen ja, dass auch unabhängig von den chinesischen Dumping-Stählen auch in Europa Überkapazitäten am Stahlmarkt existieren.“ Sein „dringender Rat“ sei deshalb, „dass alle denkbaren Lösungen und Gespräche in enger Abstimmung mit den Betriebsräten und Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat und der IG Metall geführt werden“.