Essen. . Dass er RWE aufteilen will, hat Vorstandschef Peter Terium nicht mit den kommunalen Aktionären abgestimmt. Das sorgt für Grummeln in den Städten.

Die geplante Zweiteilung des Essener Energiekonzerns RWE kam für viele Beteiligte überraschend. „Es ist bemerkenswert, dass der Vorstand ein Konzept auf den Tisch legt, ohne abzuwarten, dass der Aufsichtsrat zugestimmt hat“, bemerkt Marc Tüngler von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Die kommunalen Aktionäre und die Gewerkschaft Verdi positionieren sich.

Was plant RWE-Chef Peter Terium?

Terium möchte, dass 40.000 der rund 60.000 RWE-Mitarbeiter in ein neues Unternehmen („Neue SE“) wechseln. Die Gesellschaft soll für die Energienetze, den Vertrieb und erneuerbare Energien zuständig sein.

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Lediglich der kleinere Teil der Beschäftigten bleibt dann im Dax-Konzern, der sich weiterhin um das klassische Kraftwerksgeschäft kümmert. Langfristig will RWE mit mindestens 50,1 Prozent Mehrheitseigner der Tochterfirma bleiben. Schon Ende kommenden Jahres will RWE zehn Prozent der „Neuen SE“ nach einer Kapitalerhöhung an die Börse bringen.

Warum gibt es die Zweiteilung?

„RWE ist in der alten Aufstellung für Investoren wenig attraktiv“, sagt DSW-Hauptgeschäftsführer Tüngler. „Jetzt kann RWE zeigen, dass zum Konzern nicht nur problembehaftete Kraftwerke gehören, sondern auch zukunftsträchtige Geschäfte wie Energienetze, eine große Kundendatei und Ökostrom.“ So sei es möglich, auch wieder Anleger wie den Finanzkonzern Allianz zu animieren, der sich auf die Fahne geschrieben hat, nicht mehr in die Kohle zu investieren. „RWE öffnet sich eine zweite Tür zum Kapitalmarkt.“

Was ist die Folge für die Aktionäre?

NRW-Kommunen sind derzeit mit insgesamt rund 25 Prozent an RWE beteiligt. Zu den größten Aktionären zählen die Städte Dortmund, Essen und Mülheim. Durch die Abspaltung des zukunftsträchtigen Geschäfts sind sie in einigen Jahren womöglich nur noch zur Hälfte am Wachstumsgeschäft beteiligt. „Dass der Anteil der Alt-Aktionäre von RWE am Zukunftsgeschäft verwässert wird, ist aus meiner Sicht verkraftbar“, urteilt Tüngler. „Lieber bin ich mit 50 Prozent an einem guten Unternehmen beteiligt als zu 100 Prozent an einem schlechten.“

Wie reagieren die RWE-Städte?

Hinter vorgehaltener Hand wird Kritik laut. Es besteht der Verdacht, Terium wolle den Einfluss der Kommunen beschneiden. „Es ist davon auszugehen, dass einige kommunale Aktionäre schäumen werden“, sagt Tüngler.

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Bei der Vereinigung der kommunalen RWE-Aktionäre Westfalen in Dortmund wird betont, mit einer Zweiteilung lassen sich „selbstverständlich nicht alle Probleme lösen“. Ob RWE von der Neuordnung profitiere, werde sich „erst beurteilen lassen, sobald die Details dieser Planung vorliegen“. Mülheims Kämmerer Uwe Bonan spricht von einem „interessanten Schritt“, der aber „noch nicht abschließend bewertet werden kann“.

Essens Kämmerer Lars Martin Klieve betont: „In einer spontanen Bewertung sehe ich durchaus beachtliche Chancen.“ Die im vergangenen Jahr ausgezahlte Dividende hat RWE auf einen Euro je Aktie halbiert. In Klieves Worten schwingt die Hoffnung mit, dass die Neuaufstellung langfristig auch zu einer höheren Dividende führen könnte.

Wie beurteilt die Gewerkschaft Verdi die Pläne?

Verdi signalisiert grundsätzlich Unterstützung. „Das ist ein Plan, bei dem man Hand und Fuß erkennt“, sagt Hans Peter Lafos, der für Verdi im RWE-Aufsichtsrat sitzt. Die neue Aufstellung ermögliche es dem Energiekonzern, Kapital für Wachstumsgeschäfte zu generieren. Verdi will nun die Tarifbindung sicherstellen und fordert, dass bei der Gründung der neuen Gesellschaft bindend die paritätische Mitbestimmung eingeführt wird. Diese habe sich bei RWE bewährt.

Wie geht es mit der Braunkohle weiter?

Mit der Neuaufstellung gehe „kein Braunkohle-Ausstieg“ einher, betont Verdi-Vertreter Lafos. Im Landtag hat NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) einem vorgezogenen Ausstieg aus der Braunkohleförderung vor dem Jahr 2050 eine klare Absage erteilt. Auch der SPD-Abgeordnete Rainer Christian Thiel sieht „das Ende der Braunkohle in NRW erst 2050 erreicht“.

Können die Pläne von RWE-Chef Terium noch scheitern?

Offiziell muss der RWE-Aufsichtsrat in einer Sitzung am 11. Dezember über die Neuaufstellung entscheiden. DSW-Geschäftsführer Tüngler rechnet mit Zustimmung. „Jetzt wirkt die Macht des Faktischen“, sagt er. „Der Kurssprung der RWE-Aktie zeigt, dass die Pläne beim Kapitalmarkt gut ankommen. Wie soll sich nun ein Aufsichtsrat dagegen sperren?“