Wolfsburg/Berlin/München. VW will die von von den Abgasmanipulationen betroffenen Diesel-Fahrzeuge reparieren. Die Nachbesserungsaktion soll die Besitzer nichts kosten.
- VW will Nachbesserungsmaßnahmen innerhalb weniger Wochen vorstellen
- Betroffene Autohalter werden angeschrieben
- Neuer VW-Chef Müller: Betrug darf nicht mehr vorkommen
- EU und USA pochen auf realistischere Abgas-Tests
- Daimler-Boss Zetsche: Bei uns gibt es keine Manipulationen
Volkswagen bereitet eine Nachbesserungsaktion für die von den Abgasmanipulationen betroffenen Diesel-Fahrzeuge vor. Sie soll die Besitzer nichts kosten. Das Unternehmen habe sich einen Zeithorizont von wenigen Wochen gesetzt, in dem die Maßnahmen mit einem entsprechenden Zeitkorridor vorgestellt werden sollen, sagte ein Sprecher der Marke Volkswagen am Samstag in Wolfsburg.
Die betroffenen elf Millionen Fahrzeuge weltweit seien identifiziert. "Ich denke, dass die Händler ab nächster Woche aussagefähig sind", sagte der Sprecher mit Blick auf verunsicherte Kunden.
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Die Autohalter könnten mit den betroffenen Fahrzeugen zunächst einmal fahren und würden dann informiert. Alle würden angeschrieben.
Das Vorgehen bei der Beseitigung der Softwarefehler werde für die einzelnen Märkte mit den jeweiligen Behörden abgestimmt. "Das kann eine Rückrufaktion sein, aber auch eine Serviceaktion." Die Kosten für die Nachbesserung werde Volkswagen übernehmen. Wie hoch diese für den Autobauer sein werden, stehe noch nicht fest. "Es sind gewaltige Kosten, aber es ist völlig selbstverständlich, dass die Kunden nicht auf den Kosten sitzengelassen werden."
Eine Woche "Dieselgate": Winterkorn-Erbe Müller muss VW erneuern
Der Abgas-Skandal erschüttert VW seit einer Woche. Auf den Dax-Konzern kommen nun Milliarden-Lasten zu, auch der Image-Schaden ist beträchtlich. Die VW-Aktie ist eingebrochen. Der langjährige Firmenchef Martin Winterkorn musste seinen Posten räumen. Er wurde am Freitag durch den bisherigen Porsche-Boss Matthias Müller ersetzt. Dieser will unter anderem den einzelnen Marken der Gruppe mehr Verantwortung übertragen. Bisher wurde vieles zentral von Wolfsburg entschieden. Zum jüngsten Skandal sagte Müller: "Entscheidend ist, dass so etwas bei Volkswagen nie mehr passiert." Deswegen werde er strengere Regeln zur Unternehmensführung einführen.
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In dem Skandal, der in den USA aufflog, geht es um manipulierte Abgas-Tests, um Diesel-Fahrzeugen ein besseres Image zu verleihen. An der Börse waren zuletzt Sorgen aufgekommen, dass auch andere Hersteller getrickst haben könnten, was die Unternehmen aber zurückwiesen. "Wir halten uns grundsätzlich an die gesetzlichen Vorgaben und haben keinerlei Manipulationen an unseren Fahrzeugen vorgenommen", sagte Daimler -Chef Dieter Zetsche der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" laut Vorabbericht. Auf die Frage, ob alle Hersteller Betrüger seien, sagte er: "Klare Antwort: Nein!"
Schärfere Tests gefordert
Im VW-Fall forderte der Vize-Präsident der EU-Kommission, Frans Timmermans, eine lückenlose Aufklärung: "Wir müssen Betrug unterbinden, und deshalb müssen wir der Sache auf den Grund gehen", mahnte er in der "Süddeutschen Zeitung". Wenn nötig, könnten die Vorschriften weiter verschärft werden. "Allerdings haben wir bereits ein Gesetz, das uns erlaubt, Abgas-Tests unter realistischen Bedingungen durchzuführen."
Ähnlich äußerte sich EU-Industriekommissarin Elzbieta Bienkowska: "Unsere Botschaft ist klar: strenge Befolgung der EU-Regeln und null Toleranz bei Betrug." Die EU hat Emissionstests entwickelt, die Autos im Straßenverkehr überprüfen. Sie sollen ab Januar eingeführt werden. Eine Sprecherin der EU-Kommission betonte allerdings, die Brüsseler Behörde gebe nur den regulatorischen Rahmen vor, für die Umsetzung seien die Mitgliedsländer zuständig.
US-Umweltbehörde will unter normalen Fahrbedingungen testen
Die US-Umweltbehörde EPA wies unterdessen in einem Schreiben an die Hersteller darauf hin, dass sie zusätzliche Prüfungen verlangen könne. In diesen würde dann untersucht, ob die Abgasnormen unter normalen Fahrbedingungen auf der Straße erfüllt werden - und nicht nur in Testlaboren. Laut EPA hat VW mit einer Software Emissionskontrollsysteme manipuliert. Das Programm erkennt, ob das Auto auf einem Teststand läuft, und reguliert dann den Motor so, dass Grenzwerte eingehalten werden. Im Normalbetrieb liegen die Werte jedoch bis zu 40 Mal höher als vorgegeben.
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SPD-Fraktionsvize Sören Bartol forderte Müller auf, rasch zu handeln. "VW muss die manipulierten Fahrzeuge in Deutschland sofort und freiwillig in die Werkstätten rufen und die Manipulation beheben", sagte er der "Bild"-Zeitung. Nach Angaben von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) sind hierzulande mindestens 2,8 Millionen Autos mit manipulierten Abgassystemen unterwegs. Die Inhaber dieser Wagen haben nach Ansicht der Grünen-Politikerin Renate Künast auch in Deutschland ein Recht auf Schadenersatz. "Tatsache ist, dass Kunden ein Auto gekauft haben, das die zugesicherten Eigenschaften nicht hat", sagte die Vorsitzende des Bundestags-Rechtsausschusses den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Umweltministerin kritisiert VW wegen Abgas-Manipulationen
Bundesumweltministerin Barbara Hendricks übt wegen des Abgas-Skandals scharfe Kritik an Volkswagen. "Wenn ein deutscher Weltkonzern sich so eklatant über Umweltregeln hinwegsetzt, dann wirft das einen Schatten auf die Umweltversprechen deutscher Unternehmen", sagte die SPD-Politikerin dem "Handelsblatt" (Montagausgabe). "Die Glaubwürdigkeit der deutschen Industrie ist ein hohes Gut. Die Marke 'Made in Germany' darf deshalb nicht in Mitleidenschaft gezogen werden." Darum müsse der Wolfsburger Dax-Konzern "neben all den personellen Konsequenzen jetzt auch inhaltlich an die Arbeit gehen und so rasch wie möglich vollständig aufklären".
Die Umweltministerin räumte ein, es sei "allgemein bekannt" gewesen, dass die im Labor ermittelten Werte nicht mit dem übereinstimmten, was im realen Fahrbetrieb stattfinde. Das sei der Grund, warum die EU ein neues Messverfahren beschlossen habe. Das habe aber nichts mit dem zu tun, was VW getan habe. Sie selbst habe von den Manipulationen bei VW aus der Zeitung erfahren. (dpa/Reuters)