Es ist unerträglich, dass jetzt Staaten Kritik üben, die das Wort Umweltschutz vor ein paar Jahren noch nicht fehlerfrei buchstabieren konnten.

Die Industrienation Deutschland ist dem Untergang geweiht und hat aus schnöder Profitgier all ihre Werte und Tugenden fahren lassen. So könnte man die schlimmsten Stimmen zusammenfassen, die zur VW-Abgasaffäre weltweit zu vernehmen sind. Sie erreichen mittlerweile eine absurde Tonlage zwischen heuchlerisch und hysterisch.

Ja, die Verantwortlichen bei VW haben nicht nur einen schlimmen Fehler gemacht, als sie Software in ihre Autos einbauten, um behördliche Auflagen auszutricksen. Sie handelten kriminell, und der Fall muss konsequent aufgeklärt werden. Winterkorns Rücktritt, Entlassungen von Vorständen und Strafanzeigen gegen eigene Leute sind bislang überzeugende Schritte der Aufarbeitung. Jetzt muss sich VW überlegen, wie die betrogenen Kunden, Millionen auch in Deutschland, entschädigt werden. Aber deutsche Ingenieure und Firmen unter Generalverdacht zu stellen und ihnen ohne Beweise kriminelle Machenschaften zu unterstellen, ist ungerecht und nicht weniger problematisch.

Es ist unerträglich, dass jetzt ausgerechnet Staaten Deutschland und seine Industrie kritisieren, die das Wort Umweltschutz vor ein paar Jahren noch nicht fehlerfrei buchstabieren konnten. Ohne die Kreativität und Besessenheit deutscher Ingenieure wäre die Welt heute ein sehr viel schmutzigerer Ort. Das ist auch eine Wahrheit, die zum Scherbengericht über VW gehört.

Dass die Reaktionen im Ausland so heftig ausfallen, mag auch mit der Attitüde zusammenhängen, mit der Deutschland gerne auf andere blickt. Als Besserwisser, milde lächelnd über die scheppernden Kleinwagen der Konkurrenz. Oder als Spitzenpolitiker, die rückständigen Nachbarn die Welt erklären. Wenn Erfinder und Verkäufer deutscher Spitzentechnologie nach der VW-Affäre mit etwas weniger Arroganz und mehr Demut auftreten, muss das kein Nachteil für Deutschlands Ruf im Ausland sein.

Und für die anderen gilt nach einer Woche „Shitstorm“: Lasst die Kirche im Dorf. Nach dem Skandal ist vor dem Skandal. Und der ist nicht immer „Made in Germany“.