Düsseldorf. . Im Vergleich zur Kohle gilt Strom aus Gas als sauber und effizient. Viele Anlagen sind noch jung, rechnen sich aber nicht mehr. Das betrifft Eon, RWE und zahlreiche Stadtwerke an Rhein und Ruhr.
Das Gaskraftwerk in Irsching bei Ingolstadt ist erst wenige Jahre alt und gilt als eines der modernsten in Europa. Dennoch denkt der Düsseldorfer Energiekonzern Eon über eine Stilllegung nach. Die Anlage rechnet sich nicht mehr. Weil zunehmend Wind- und Sonnenstrom auf den Markt drängen, laufen selbst moderne Gaskraftwerke viel seltener als ursprünglich geplant, denn angesichts der Rohstoffkosten sind sie im Betrieb auch deutlich teurer als Braun- und Steinkohleblöcke.
„Es ist Energiewende paradox, dass jetzt die saubersten und effizientesten Kraftwerke in Deutschland, die Gaskraftwerke, keinerlei Geld verdienen“, kritisiert Hans-Joachim Reck, Hauptgeschäftsführer des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU).
Eon, RWE und Stadtwerke betroffen
Die Stadtwerke, die der VKU vertritt, sind stark von der Misere der Gaskraftwerke betroffen – auch an Rhein und Ruhr. „Stadtwerke mit konventionellen Stromerzeugungskapazitäten sind – ebenso wie die großen Stromversorger Eon, RWE und EnBW – unzweifelhaft die Verlierer der Energiewende“, sagt Manuel Frondel vom Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) in Essen. „Das Ausmaß der Belastungen von kommunalen Haushalten gerade aus dem Ruhrgebiet durch die Energiewende ist bei weitem noch nicht vollkommen zu Tage getreten.“
Die Stadtwerke aus Bochum, Herne und Witten zum Beispiel sind über das Unternehmen Trianel auch am Gaskraftwerk in Hamm beteiligt, das auf der Kippe steht. „Wir prüfen alle Optionen – auch eine vorübergehende Stilllegung“, sagt Trianel-Sprecher Elmar Thyen. Ende März soll es ein Krisentreffen der Kraftwerkseigentümer geben.
Zukunft von Eon-Kraftwerk ungewiss
Der Stadtwerke-Verband VKU warnt generell vor Folgen für die ohnehin angespannte Finanzlage der Städte. „Viele Kommunen finanzieren ihren öffentlichen Nahverkehr und die Schwimmbäder durch Gewinne der Stadtwerke quer“, erklärt Hans-Joachim Reck. Die Rechnung gehe aber immer weniger auf.
Auch interessant
Auch beim Essener Energiekonzern RWE sind die Sorgen groß. „Die Lage für konventionelle Kraftwerke und speziell für Gaskraftwerke ist kritisch“, heißt es bei RWE. Die Einsatzzeiten der Kraftwerke haben sich deutlich verringert. Mehrere Anlagen in Deutschland und den Niederlanden hat RWE bereits eingemottet. Es gibt sogar Planspiele für eine Demontage und den Verkauf von Kraftwerken ins Ausland: „Wir sind grundsätzlich für alle Möglichkeiten offen, von der Einbindung externer Investoren über Veräußerung bis zum Verkauf in andere Länder, wobei das Marktumfeld hierfür komplex ist.“
48 Anzeigen für Kraftwerksstilllegungen
Schon heute gibt es für konventionelle Kraftwerke laut VKU 48 Stilllegungsanzeigen, die bei der Bundesnetzagentur eingegangen sind. Allein in NRW seien 15 Kraftwerksblöcke zur Schließung angemeldet. Seit Monaten wird diskutiert, die Unternehmen dafür zu belohnen, dass sie Kraftwerke für Momente bereithalten, wenn der Wind nicht weht und die Sonne hinter Wolken verborgen ist. Doch Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung mahnt: „Die Bundesregierung sollte sich nicht erpressen lassen und noch mehr Subventionen freigeben.“ Stattdessen sollten alte Kohlekraftwerke verschwinden. „Nach einer solchen Marktbereinigung würden sich die Gaskraftwerke auch am Markt selbst wieder rechnen.“
Ein endgültiges Aus für die Eon-Anlage in Irsching gilt indes als unwahrscheinlich. Abgeschaltet werden könnte sie nach einem entsprechenden Antrag der Betreiber frühestens Ende März 2016 – und eine Zustimmung der Behörde ist fraglich, da das Kraftwerk für die Versorgungssicherheit gebraucht wird. Die Kosten für den Betrieb bekommt Eon übrigens ersetzt – letztlich über die Stromrechnung der Verbraucher.