Essen. Bei den Stadtwerken im Ruhrgebiet braut sich unter dem Eindruck der Energiewende eine bedrohliche Gemengelage zusammen.

Mehr und mehr sehen sich kommunale Versorger gezwungen, ihr herkömmliches Geschäftsmodell zu überdenken. Zum Schaden der finanziell ohnehin gebeutelten Städte: Längst müssen die Kommunen die einst sicher geglaubten Erträge ihrer Tochterbetriebe abschreiben.

Das klassische Bild vom „Goldesel“ Stadtwerke, der durch seine Überschüsse im Energiesektor andere Infrastrukturbereiche wie den Nahverkehr am Leben hält, gerät zunehmend ins Wanken. Hinter vorgehaltener Hand schließen Stadtwerke-Kreise selbst betriebsbedingte Kündigungen nicht mehr aus. „Wir befinden uns auf abschüssigem Gelände“, sagte ein Stadtwerke-Manager sichtlich besorgt der WAZ.

Kraftwerke werden für Stadtwerke zum Kostengrab

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Betroffen sind besonders die Stadtwerke mit eigenen Kraftwerksbeteiligungen. Das sind fast alle an Rhein und Ruhr. Allein in Duisburg stehen zwei Kraftwerke zur Abschaltung an, weil sie im vergangenen Jahr 17 Millionen Euro Verluste gemacht haben. Ein weiteres Dilemma: Weil auch grüner Strom nicht mehr genug abwirft, stoppen Stadtwerke ausgerechnet ihre Öko-Projekte. Duisburg hat Pläne für ein Wasserkraftwerk und zwei Windräder zu den Akten gelegt, Dortmund seine Investitionen in erneuerbare Energien zwei Jahre aufgeschoben.

Der südwestfälische Energieversorger Enervie in Hagen geht noch einen Schritt weiter und will sogar seinen gesamten konventionellen Kraftwerkspark stilllegen, ein reiner Verlustbringer. Unter den Abschaltkandidaten ist ein erst sieben Jahre altes Gaskraftwerk in Herdecke, das 200 Millionen Euro gekostet hat. Wie ein Mühlstein am Hals hängt vielen Stadtwerken – darunter Dortmund, Bochum und Herne – zudem das Baudesaster um das RWE-Steinkohlekraftwerk in Hamm: 50 Prozent des 2,7-Milliarden-Euro-Neubaus gelten als Totalausfall.

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Verärgert sind die Stadtwerke-Bosse zudem über Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD). Gabriel hatte sich jüngst ge­gen eine Bereitstellungsvergütung für konventionelle Kraftwerkskapazitäten in den Ausfallzeiten von Wind- und Sonnenenergie ausgesprochen. „Wir sind zutiefst enttäuscht“, sagte Bochums Stadtwerke-Chef Bernd Wilmert der WAZ. Werde nicht gegengesteuert, seien Versorgungsengpässe programmiert.