Düsseldorf. . Vor der Hauptversammlung von Thyssen-Krupp äußert sich Aufsichtsratschef Ulrich Lehner zum Investor Cevian – und zum Vermächtnis von Berthold Beitz.

Es ist durchaus ungewöhnlich, wenn sich ein Aufsichtsratschef kurz vor einer Hauptversammlung ausführlich zum betroffenen Unternehmen äußert. Ulrich Lehner jedenfalls, der Vorsitzende des Aufsichtsrats von Thyssen-Krupp, legt keine große Scheu an den Tag, wenn er von Journalisten auf das bevorstehende Aktionärstreffen angesprochen wird.

Es war noch Konzern-Patriarch Berthold Beitz, der Lehner zum Essener Traditionskonzern geholt hatte. Wenige Monate vor dem Tod von Beitz im Sommer 2013 trat der langjährige Henkel-Chef die Nachfolge von Gerhard Cromme als Vorsitzender des Aufsichtsrats an.

Am Donnerstag (29. Januar) tagt der Aufsichtsrat von Thyssen-Krupp. Am Freitag (30.1.) findet das Aktionärstreffen in Bochum statt. „Die Zeitungen schreiben, es wird eine ruhige Hauptversammlung. Mal gucken“, sagt Lehner vor der Wirtschaftspublizistischen Vereinigung (WPV) in Düsseldorf. Eine Frage treibt auch ihn um: „Was macht Cevian?“ Gemeint ist der recht neue Thyssen-Krupp-Großaktionär, der nun 15,08 Prozent der Anteile hält. Zum Vergleich: Die traditionsreiche Essener Krupp-Stiftung ist mit 23,03 Prozent größter Einzelaktionär.

Kritik an „aktivistischen Investoren“

Bei der Hauptversammlung soll Cevian-Deutschlandchef Jens Tischendorf in den Aufsichtsrat gewählt werden. Gleichzeitig gibt die Krupp-Stiftung einen von drei Sitzen im Gremium ab. Es heißt, Tischendorf habe Vorbehalte gegen das Verbundkonzept von Vorstandschef Heinrich Hiesinger, demzufolge der Konzern durch die Vernetzung der einzelnen Konzernsparten Aufzüge, Anlagenbau, Autozulieferer, Stahl und Werkstoffhandel besser werden soll. Was Cevian vorhabe, „das ist in der Tat eine spannende Sache“, bemerkt Lehner. Er deutet auch an, dass er sich auf Konfliktpotenzial einstellt.

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Cevian gilt als aktivistischer Investor, der gerne in Unternehmen mitmischt. Lehner, der auch Konzerne wie Eon und die Telekom kontrolliert, glaubt, dass solche Investoren künftig eine größere Rolle spielen werden. „Aktivistische Investoren werden an Bedeutung gewinnen, die kein Interesse an Unternehmen an sich haben, kein Interesse an den Mitarbeitern, kein Interesse an der nationalen Bedeutung eines Unternehmens.“ Diesen Aktionären gehe es allein um die Börsenkurse.

Wie sich Lehner zum Vermächtnis von Beitz äußert

Auf die Frage, ob er sich bei Thyssen-Krupp in besonderer Weise dem Vermächtnis von Beitz verpflichtet fühle, antwortet Lehner: „Wenn es das Vermächtnis ist, dass Thyssen-Krupp ein wettbewerbsfähiges und zukunftsfestes Unternehmen ist, dann ja." Der Konzernumbau sei weiterhin „ein großes Thema“, das erreichte Gewinn-Niveau noch „nicht zufriedenstellend“. Es gebe jetzt im Unternehmen eine „intensive Diskussion zur Zukunftsfähigkeit“ der einzelnen Geschäftsbereiche. Themen seien die Gewinnentwicklung, die Internationalisierung sowie der Kapitalbedarf. Insgesamt habe sich die Finanzlage von Thyssen-Krupp verbessert, aber: „Die Eigenkapitalquote ist jetzt immer noch nicht zum Hurra-Schreien.“

Auf die Hauptversammlung bereite er sich so vor: „Ich schlafe mich auf jeden Fall gut aus – und setze mich unter einen gehörigen Anspannungsgrad, damit ich weiß: An diesem Tag kommt es auf vieles an, da bist du hellwach.“ Am Abend vor dem Aktionärstreffen werde er „ein gutes Krombacher Bier“ trinken. „Dann steht die Tasche schon gepackt da. Der Wecker ist gestellt. Wäre ja peinlich, wenn ich zu spät kommen würde. Und dann fahre ich ganz früh los.“