Essen. . Thyssen-Krupp-Chef Heinrich Hiesinger ruft ehrgeizige Ziele für den Essener Industriekonzern aus. Er will mit Thyssen-Krupp „mindestens“ einen Jahresgewinn vor Zinsen und Steuern in Höhe von zwei Milliarden Euro erreichen. Offen lässt Hiesinger aber, wann die Erwartungen erfüllt werden sollen.
Den ersten Gewinn seiner Amtszeit vermittelte Thyssen-Krupp-Chef Heinrich Hiesinger so, wie er auch die Milliardenverluste in den vergangenen Jahren präsentiert hatte – unaufgeregt, betont sachlich. Auf den Balkonen der Konzernzentrale in Essen durften die Mitarbeiter zuhören. Die Unternehmensregie sah vor, dass sich Hiesinger „aus dem Herzen der Konzernzentrale“ melden sollte. Denn endlich gab es gute Nachrichten zu verkünden nach drei überaus verlustreichen Jahren.
Unterm Strich verdient Thyssen-Krupp nun wieder Geld. Der Traditionskonzern, der sich über Monate hinweg in der wohl schwersten Krise der Firmengeschichte befand, schreibt mit einem Jahresüberschuss in Höhe von 195 Millionen Euro wieder schwarze Zahlen. Auch eine kleine Dividende soll für die Aktionäre herausspringen: elf Cent je Aktie. Hiesinger sprach von einem „Signal“ an die Aktionäre, „ein Wendepunkt“ sei erreicht.
Hiesinger will nicht "das beste Pferd im Stall" verkaufen
Krisenmanagement, Einsparungen, Arbeitsplatzabbau, aber auch Investitionen in Forschung und Entwicklung – so sieht die Bilanz aus, seit Hiesinger Anfang 2011 die Konzernführung übernommen hat. Pünktlich zur Pressekonferenz verlängerte der Aufsichtsrat den Chefvertrag von Hiesinger bis zum September 2020. Mit beinahe überschwänglichen Worten lobte Aufsichtsratschef Ulrich Lehner den ersten Mann des Konzernmanagements, was wohl auch als Rückendeckung für den nun anstehenden Weg verstanden werden darf.
Hiesinger wiederum erwähnte exakt einmal in seiner Rede den Aufsichtsrat. Er habe von dem Kontrollgremium „die volle und einstimmige Unterstützung“ dafür erhalten, Thyssen-Krupp „im Verbund“ weiterzuentwickeln. Oft war schon über eine Aufspaltung des Konzerns spekuliert worden. Ein Verkauf der lukrativen Aufzugsparte etwa könnte viel Geld in die Kassen des Konzerns spülen. Hiesinger beteuerte, er habe nicht vor, „das beste Pferd im Stall zu verkaufen“.
Investor Cevian soll Platz im Aufsichtsrat bekommen
Zu den Großaktionären von Thyssen-Krupp gehört der Finanzinvestor Cevian. Ende Januar soll Cevian-Vertreter Jens Tischendorf in den Aufsichtsrat rücken. Auch beim Mannheimer Konzern Bilfinger hat Cevian Druck auf das Management ausgeübt. Mit Spannung wird erwartet, wie sich Tischendorf in seiner neuen Funktion verhält.
Hiesinger ruft schon jetzt ehrgeizige Ziele aus. Er will mit Thyssen-Krupp „mindestens“ einen Gewinn vor Zinsen und Steuern in Höhe von zwei Milliarden Euro erreichen. Offen lässt er allerdings, wann die Erwartungen erfüllt werden sollen.
Ein flammendes Plädoyer hielt der Konzernchef für das Konzept des „diversifizierten Industriekonzerns“: Fahrtreppen für die Metro in Peking, neue Aufzüge für den Berliner Fernsehturm, Stahl für die Verpackungsindustrie, Fabriken für die Schiefergas-Branche in den USA, Bauteile für Autokonzerne wie BMW, Mercedes und VW: Geht es nach Hiesinger, sollen Produkte wie diese auch weiterhin zu Thyssen-Krupp gehören.
Weiterhin Risiken für Thyssen-Krupp durch Kartell-Ermittlungen
Hiesingers Kalkül: „Die Summe der Teile schafft mehr Wert, als jeder einzelne Geschäftsbereich es jemals könnte.“ Hierzu soll die Zusammenarbeit von Mitarbeitern verschiedener Konzernsparten enger werden. Ein Beispiel sei die Kooperation von Transrapid-Ingenieuren mit Entwicklern der Aufzugsparte.
Finanzrisiken sieht die Konzernführung nach wie vor durch Ermittlungen des Kartellamts. Die Wettbewerbshüter hegen den Verdacht, in der Branche könnten die Preise für Autobleche abgestimmt worden sein. Rückstellungen in der Bilanz von Thyssen-Krupp für mögliche Strafzahlungen gibt es aber nicht.
Dass Thyssen-Krupp nun einen kleinen Gewinn erwirtschaftet habe, sei ein „Zwischenschritt“, sagte Hiesinger. Für das nächste Jahr erwarte er „einen deutlich positiven Jahresüberschuss“.