Essen. . Das Auffliegen des Schienenkartells ist für ThyssenKrupp teuer geworden. Der Versuch, sich Geld bei einem angeblich beteiligten Manager wiederzuholen, scheitert nun im zweiten Anlauf.
ThyssenKrupp ist mit dem größten Teil seiner 291-Millionen-Euro-Schadenersatzklage gegen einen ehemaligen Manager des Konzerns in zweiter Instanz gescheitert. Der Konzern könne sich Unternehmens-Kartellbußen grundsätzlich nicht von Mitarbeitern erstatten lassen, teilte das Düsseldorfer Landesarbeitsgericht am Dienstag mit und wies Forderungen in Höhe von 191 Millionen Euro ab. Über weitere 100 Millionen Euro traf das Gericht zunächst keine Entscheidung und setzte das Verfahren aus (Az.: 16 Sa 458-460/14).
Der Konzern hatte 191 Millionen Euro für unerlaubte Absprachen eines Schienenkartells zahlen müssen und daraufhin den ehemaligen Bereichsvorstand verklagt. Kartellbußen für natürliche Personen seien im Kartellrecht aber auf eine Million Euro beschränkt, so das Gericht. Der Bußgeldrahmen liefe ins Leere, wenn die Unternehmen ihre Bußgelder Mitarbeitern oder Dritten aufbürden könnten. Das Gericht ließ in der Sache aber die Revision beim Bundesarbeitsgericht zu. ThyssenKrupp kündigte an, diese nun zu prüfen.
Beschuldigter Manager habe von nichts gewusst
Die zusätzlich geltend gemachte Forderung von mindestens 100 Millionen Euro resultiert aus einem mit der Deutschen Bahn geschlossenen Vergleich. Er soll überhöhte Preise für Bahnschienen ausgleichen. Die Anwälte des Managers hatten argumentiert, er habe nichts von den Kartellabsprachen gewusst. Diese hätten offenbar schon lange bestanden, bevor ihr Mandant in die verantwortliche Position aufgerückt sei.
Der Stahlkonzern hatte argumentiert, der Bereichsvorstand habe den Kauf abhörsicherer Handys geprüft und schließlich neutrale Handys anschaffen lassen, die nicht dem Konzern zugeordnet werden könnten. Dies zeuge von Unrechtsbewusstsein. Außerdem sei in seinem Tresor ein Schreiben entdeckt worden, das der Konzern im Prozess als Beleg für dessen Mitwisserschaft anführte.
Die Anwälte des Managers hielten dem entgegen, das Schreiben sei ein Forderungskatalog, keine Kartellabsprache. Der Kauf der Handys sei ebenfalls kein Beweis, schließlich seien die einzelnen Verbindungsnachweise in der Konzernbuchhaltung hinterlegt gewesen.
"Der Konzern will ein Exempel statuieren - mit existenzvernichtendem Charakter. Die erste Führungsebene verklagt die zweite", sagte Anwalt Andreas Lotze. Der Anwalt des Konzerns, Knut Müller, widersprach und betonte, es gehe um Sachaufklärung: "Wir klagen genau da, wo die Verantwortung liegt."
Vorwürfe auf 1200 Seiten Papier
Die Anwälte des Managers rügten, dass kurz vor Prozesstermin von Konzernseite 47 Anträge mit 1200 Seiten Papier nachgereicht worden seien. Die strafrechtlichen Ermittlungen gegen 14 Beschuldigte waren in eine Anklage gemündet, über die das zuständige Gericht noch nicht entschieden hat.
Bereits in erster Instanz hatte der Manager gewonnen: Der Konzern habe dessen Schuld nicht belegen können, hatte das Arbeitsgericht Essen befunden. Der Konzern habe weder die Beteiligung, noch die Kenntnis oder auch nur die fahrlässige Unkenntnis des Managers bezüglich der Kartellabsprachen belegen können.
Schienenhersteller hatten den Kartellwächtern zufolge jahrelang ihre Preise abgesprochen. Das Bundeskartellamt hatte deswegen Bußgelder in Höhe von insgesamt 191 Millionen Euro gegen ThyssenKrupp verhängt. Die beteiligten Hersteller hatten sich nach den Erkenntnissen der Kartellwächter mindestens ein Jahrzehnt lang abgesprochen und zu hohe Preise berechnet. (dpa)