Essen. . Thyssen-Krupp hat seine Mitarbeiter befragt. Nicht mit allen Ergebnissen ist Personalchef Oliver Burkhard zufrieden. Der Anspruch sei höher, sagt er.

Es war eine Premiere für Thyssen-Krupp. Erstmals in der Firmengeschichte gab es eine Befragung fast aller Mitarbeiter des Konzerns – ein Großprojekt mit hohem organisatorischen Aufwand: Knapp 140 000 Mitarbeiter konnten sich äußern, 105 000 haben tatsächlich teilgenommen. Somit galt es, rund 7,9 Millionen Antworten in 28 Sprachen auszuwerten. Etwa 1,5 Millionen Euro hat sich Thyssen-Krupp die Befragung mithilfe der Beratungsfirma Towers Watson kosten lassen.

„Es ist wichtig, was die Beschäftigten über die Firma und den Konzernumbau denken“, sagt Personalvorstand Oliver Burkhard zur Begründung. „Nur wenn die Mitarbeiter vom Kurs überzeugt sind und mitziehen, können wir dauerhaft erfolgreich sein.“ Im Gespräch mit dieser Zeitung zieht Burkhard eine gemischte Bilanz. „Wir haben viele gute Ergebnisse verzeichnet“, sagt er, „können uns aber auch an der einen oder anderen Stelle noch verbessern“.

Optimistisch stimmt Burkhard, dass sich 91 Prozent der Mitarbeiter nach eigener Darstellung „über das normale Maß hinaus“ anstrengen wollen, um dem Unternehmen zum Erfolg zu verhelfen. „Und 76 Prozent der Mitarbeiter würden Thyssen-Krupp als Arbeitgeber weiterempfehlen. Das sind sehr gute Werte.“ 80 Prozent der Mitarbeiter sagen auch: „Ich bin von der Qualität der Produkte und Dienstleistungen meines Unternehmens überzeugt.“

„Hier ist unser Anspruch höher“

Nachdenklichkeit löst bei Burkhard allerdings folgender Befund aus: „Lediglich 61 Prozent der Beschäftigten sagen: ,Ich vertraue den Entscheidungen des Vorstands beziehungsweise der Geschäftsführung meines Unternehmens.’ Mit diesem Ergebnis sind wir noch nicht zufrieden. Damit müssen wir uns auseinandersetzen, hier ist unser Anspruch höher.“

Hinzu kommt, dass gerade einmal 60 Prozent der Mitarbeiter zustimmen können, wenn es heißt: „Unser Leitbild gibt mir eine Orientierung bei meiner täglichen Arbeit.“ Kaum mehr Beschäftigte – nämlich 66 Prozent der Mitarbeiter – sagen: „Ich bin fest von den Geschäftszielen meines Unternehmens überzeugt.“

„Die Leute sollten ehrlich ihre Meinung sagen“

Burkhards Schlussfolgerung: „Unsere Mitarbeiter sind bereit für Veränderungen, möchten aber einiges noch besser erklärt bekommen.“ Und: „Auch unser Leitbild müssen wir als Führungskräfte noch besser umsetzen.“

Das Zusammenspiel innerhalb des Unternehmens könnte offenbar ebenfalls noch besser werden, schließlich sagen gerade einmal 63 Prozent der Mitarbeiter: „Die Zusammenarbeit zwischen den Abteilungen, Teams oder Schichten funktioniert bei uns gut.“ Sein Ziel sei ausdrücklich eine realistische Bestandsaufnahme gewesen, betont Burkhard. „Anonymität haben wir groß geschrieben. Die Leute sollten ehrlich ihre Meinung sagen.“ Die Mitarbeiterbefragung sei schließlich kein Selbstzweck, sondern zeige, wo die Führungskräfte und ihre Teams derzeit stehen.

„Von diesem Ausgangspunkt können wir die Veränderung nach vorne noch besser gemeinsam gestalten“, sagt der Personalchef. „Wir erfahren auch, wo die Dinge noch nicht so gut laufen und können entsprechend handeln.“

Thyssen-Krupp plant nächste Mitarbeiterumfrage in zwei Jahren

„Die Befragung fand im September statt, also durchaus in einer Phase, in der der Konzern unter Stress stand.“ Nach der wohl schwersten Krise in der Firmengeschichte hat Konzernchef Heinrich Hiesinger Ende des Jahres erstmals in seiner Amtszeit eine Bilanz mit Gewinnen präsentieren können. Nicht befragt worden sind allerdings die Mitarbeiter in den Konzern-Unternehmen, die auf der Verkaufsliste stehen.

„Natürlich gab es vor der Befragung auch skeptische Stimmen“, räumt Burkhard ein. Schließlich lassen die Befragungsergebnisse womöglich auch Rückschlüsse zum Führungsverhalten einzelner Manager in bestimmten Abteilungen des Konzerns zu.

Detaillierte Berichte zu den einzelnen Teams im Unternehmen sollen Ende Januar vorliegen. Die Ergebnisse sollen in Workshops von den Führungskräften mit ihren Teams ausgewertet und besprochen werden. Vom Instrument Mitarbeiterbefragung zeigt sich Burkhard überzeugt: In zwei Jahren soll es die nächste Umfrage geben.