Essen. Das Amtsgericht Essen hat erneut ein Insolvenzverfahren in Eigenregie für Galeria Karstadt Kaufhof angeordnet. Dutzende Häuser müssen schließen.
Das Amtsgericht Essen hat am Mittwoch ein Insolvenzverfahren in Eigenregie für den Kaufhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof eröffnet. Das teilte das Gericht in einer Bekanntmachung am Morgen mit. Das bedeutet zugleich, dass die vom Eigentümer René Benko eingesetzten Sanierungsexperten Arndt Geiwitz und Frank Kebekus auch diese neuerliche Insolvenz mit der Geschäftsführung um Miguel Müllenbach managen dürfen. Ihre Pläne, wie schon 2020 erneut Dutzende Warenhäuser zu schließen, einige an Konkurrenten abzugeben und nur einen Kern profitabler Standorte unter dem Galeria-Dach weiterzuführen, können sie damit nun umsetzen. Für Tausende Beschäftigte bedeutet das den Verlust ihrer Arbeitsplätze.
Wie vor zweieinhalb Jahren folgt das Amtsgericht damit dem Konzept des Sanierer-Duos Geiwitz/Kebekus. Letzteren bestimmte es zum Sachwalter des Insolvenzverfahrens. Hätte ihr nun vorgelegter Insolvenzplan das Gericht nicht überzeugt, hätte es eine Regelinsolvenz angeordnet und selbst den Insolvenzverwalter bestellt. So dürfte mehr als die Hälfte der Filialen künftig nicht mehr als Karstadt oder Kaufhof weitergeführt werden.
Wie viele Galeria-Filialen schließen, bleibt offen
Zuletzt war die Rede von maximal 70 zu erhaltenden Standorten, 20 Filialen, für die es Interessenten gibt und rund 40 Häuser, die nicht zu retten seien. Da an vielen Standorten noch über Mietermäßigungen und Flächenverkleinerungen verhandelt wird, können sich diese Zahlen aber noch deutlich verändern, eine endgültige Liste soll es erst Mitte März geben. Für die zu schließenden Häuser hatte Galeria bereits angekündigt, dass es dort betriebsbedingte Kündigungen geben werde. Als Entschädigung wurden zwei Monatsgehälter, aber maximal 7500 Euro mit dem Gesamtbetriebsrat vereinbart. Der hat immerhin Transfergesellschaft durchgesetzt, in der die Betroffenen sechs Monate lang mit Unterstützung einen neuen Job suchen können.
Nach dem dreimonatigen Schutzschirmverfahren, in das sich die Essener Kaufhauskette Ende Oktober zum zweiten Mal binnen drei Jahren gerettet hat, bleiben nun weitere drei Monate, die Sanierung so weit voranzutreiben, dass die Gläubiger entscheiden können, ob sie diesen Weg mitgehen – und erneut auf einen Großteil ihrer Forderungen zu verzichten bereit sind.
Bund verliert fast sein gesamtes Geld
Die Gläubiger müssen nun beim Sachwalter ihre Forderungen anmelden. Im vom Gericht ernannten Gläubigerausschuss ist diesmal auch der deutsche Staat vertreten, und zwar als „Insolvenzgläubiger mit der höchsten Forderung“, so das Gericht. Der Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) des Bundes hatte Galeria nach der Insolvenz 2020 in den Folgejahren Kredite über insgesamt 680 Millionen Euro gewährt. Die strukturellen Probleme des Konzerns konnten diese Finanzspritzen nicht beenden.
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Das Amtsgericht legte den Termin für den Gläubigerausschuss für den 27. März fest, er wird wieder in der Messe Essen stattfinden. Den Staat vertritt dort Florian Hassner von der Deutschland-Finanzagentur GmbH. Er wird mutmaßlich auf mehr als 90 Prozent seiner Forderungen verzichten sollen, denn für die Gläubiger sollen nur noch 50 Millionen Euro an Insolvenzmasse übrig sein, wie unsere Redaktion aus Unternehmenskreisen erfuhr.