München. Die Aktionäre der Immobilienbank Hypo Real Estate müssen einen Rückschlag hinnehmen. Das Landgericht München hat den bislang größten Schadenersatz-Prozess auf nächstes Jahr vertagt.

Rückschlag für Aktionäre der taumelnden Immobilienbank Hypo Real Estate: Das Landgericht München machte einer Gruppe klagender Bankeigner wenig Hoffnung, dass sie Schadenersatz von der Bank erhalten.

Der bisher größte Schadenersatz-Prozess um den inzwischen verstaatlichten Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate (HRE) wurde auf nächstes Jahr vertagt. „Die Klage ist nicht entscheidungsreif, sie muss erheblich nachgebessert werden”, sagte Richter Mathias Ruderisch gestern. Haftbar sei die Bank nur, wenn sie kursbeeinflussende Informationen nicht rechtzeitig an Anleger weitergegeben habe.

Ansprüche von in- und ausländischen Fonds

Es geht vor allem um die Zeitspanne, in der Musterkläger Christian Wefers Ansprüche von in- und ausländischen Fonds geltend machen kann. Wefers fordert mit Hilfe des Anwalts Andreas Tilp 320 Millionen Euro von der HRE. Der Klage haben sich Fonds aus Deutschland, Luxemburg, den USA, Kanada und Saudi-Arabien angeschlossen.

Die Kläger verweisen auf Käufe von HRE-Aktien vom 11. Juli 2007 bis 4. Oktober 2008. Das Gericht stufte in Klagerunden anderer Anleger die Schadenersatzpflicht der HRE zwar als wahrscheinlich ein, aber nur im weit engeren Zeitraum vom 27. November 2007 bis 15. Januar 2008.

Plötzliche Wertberichtigungen

Die HRE hatte Mitte Januar 2008 völlig überraschend Wertberichtigungen von 390 Millionen Euro vorgenommen. Zuvor hatte der Vorstand stets betont, die HRE sei nicht von der Finanzkrise betroffen und werde gestärkt aus ihr hervorgehen. Mittlerweile ist der einstige Dax-Konzern in Staatsbesitz und wird mit Hilfen von über 100 Milliarden Euro am Leben gehalten. Anwalt Tilp und Musterkläger Wefers müssen nun beweisen, dass die Bank bereits im Juli 2007 von den Risiken wusste, die dann im Januar 2008 zu der Hiobsbotschaft führte, die die HRE-Aktien absacken ließ.

Musterkläger Wefers hat zwar keine HRE-Aktien gekauft, sich aber vermeintliche Schadenersatzansprüche von dutzenden Fondsgesellschaften und Pensionskassen abtreten lassen. Da weitere Kläger dem Verfahren beitreten, hält sein Anwalt am Ende eine Klagesumme von über einer halben Milliarde Euro für „nicht zu hoch gegriffen”. Hinter den Fonds stünden tausende Anleger.

Die Kläger wollen das Landgericht dazu bringen, ein Musterverfahren vor dem Oberlandesgericht München zuzulassen. Diese Möglichkeit hat der Gesetzgeber 2005 eröffnet, um Massenprozesse handhabbar zu machen. Das Oberlandesgericht könnte strittige Kernpunkte für alle weiteren Verfahren klären – zum Beispiel die Zeitspanne, in der Schadenersatzklagen geltend gemacht werden können.

50 Klagen gegen HRE auf Schadenersatz

Dazu müsse die Klage zumindest schlüssig sein, was sie derzeit nicht sei, betonte Richter Ruderisch. In München gibt es derzeit bei sechs Kammern des Landgerichts 50 Schadenersatzklagen gegen die HRE.

Wenn die HRE keine Gegenbeweise vorlegt, geht auch er davon aus, dass sie – aber nur über wenige Wochen hinweg – Anlegern und dem Kapitalmarkt Risiken bei US-Wertpapieren verschwiegen hat. Die HRE streitet das ab.