Essen. Gelsenkirchen mischt beim angeschlagenen Fußball-Bundesligisten Schalke 04 mit. Doch auch andere Kommune machen untypische Geschäfte: Dortmund widmet sich der Errichtung des Phoenixsees und betreibt den verlustträchtigen Flughafen. Hagen lockt Bürger in den stadteigenen Biergarten.

Kommunen sind nicht nur in der Energieversorgung oder dem Öffentlichen Nahverkehr aktiv. Sie tummeln sich auch in Geschäftsfeldern, die nicht städtetypisch sind – allerdings nicht direkt, sondern über Tochtergesellschaften.

Das hat gute Gründe. „Kommunen möchten etwas für die Stadtentwicklung tun, haben aber nicht unbedingt die nötigen Haushaltsmittel dafür, können das also nicht finanzieren”, sagt der Sprecher der Bezirksregierung Arnsberg, Jörg Linden. „Also machen sie das über Tochtergesellschaften – so wird der Stadthaushalt nicht unmittelbar belastet.”

Am Ende zahlt der Bürger

Die Gefahr für den Stadtsäckel ist damit nicht gebannt. „Wenn etwas schief geht, zahlt in letzter Konsequenz die Kommune und mögliche Verluste schlagen sich im Haushalt nieder”, sagt Linden. „Am Ende zahlen also die Bürger.”

Doch eine Stadt kann sich nicht beliebig in stadtferne Wirtschaftsbereiche stürzen. In NRW begrenzt die Gemeindeordnung derartige Betätigungen. „Der Fantasie der Kommunen sind keine Grenzen gesetzt, wenn sie sich innerhalb der Gemeindeordnung bewegen”, sagt Sprecherin Ulla Lütkehermöller von der Bezirksregierung Münster. „Eine Kommune sollte sich aber wie jeder normale Haushalt nicht übernehmen.”

In die Paragrafen 107 und 108 der Gemeindeordnung NRW ist die Anforderung gegossen, dass Kommunen nicht in Wettbewerb mit Industrie oder Handwerk treten sollen. Eine Stadt soll vor allem Wohl und Versorgung ihrer Bürger im Auge haben und sich nicht als Rivalin der freien Wirtschaft verstehen. „Was ein privates Unternehmen besser macht, das soll es machen”, betont Bezirksregierungssprecher Linden.

„Standortpflege”

Zurück nach Gelsenkirchen zu Schalke 04. Die Stadt gilt als „Armenhaus des Westens”, greift aber trotz Haushaltslochs ihrem Fußball-Club finanziell unter die Arme. Eine Tochterfirma, die städtische Gesellschaft für Energie und Wirtschaft (GEW), stattet die Königsblauen mit 25,5 Millionen Euro aus – per Stadion-Anteilskauf und Darlehen.

Ist diese wirtschaftliche Betätigung der Ruhrgebietsstadt in Ordnung? Die Meinungen darüber sind geteilt.

Ja, urteilt Heinz Wirz vom Bund der Steuerzahler NRW. „Hier werden keine Steuergelder eingesetzt, sondern Gewinne eines Unternehmens; das ist also keine Steuerverschwendung.” Schalke sei außerdem ein wichtiger Arbeitgeber. Das Fußball-Unternehmen gibt etwa 800 Menschen Arbeit. „Der Deal zwischen GEW und Schalke dient der Standortpflege”, sagt Wirz.

Der CDU-Politiker Christian Weisbrich ist ganz anderer Meinung. Die städtische Gesellschaft für Energie und Wirtschaft solle sich um ihr Kerngeschäft kümmern und so die Erträge steigern, nicht über Fußball, sagt der Vize-Chef der CDU-Landtagsfraktion. „Das ist so ein bisschen Abramowitsch im Ruhrgebiet”, wettert Weisbrich. Dem russischen Unternehmer Roman Abramowitsch gehört der britische Fußballclub FC Chelsea. Er kann aber im Fußballerischen mitbestimmen – anders als die Stadt Gelsenkirchen über die GEW bei Schalke.