Essen. Der Tagebau in Nordrhein-Westfalen wird in mehrfacher Hinsicht überprüft, unter anderem mit einer Sicherheitszone und einer GPS-gestützten Kontrolle der Böschungsbereiche. Deshalb gebe es keinen Grund zur Besorgnis, sagen Experten.
Der Schock des verheerenden Erdrutsches von Nachterstedt ist längst nicht überwunden, die Opfer sind noch nicht geborgen. Doch die Experten müssen sich bereits mit der Frage des „Warum” beschäftigen – auch wenn die Beantwortung derzeit nicht über das Stadium der Spekulation hinausgehen kann.
Es gibt Gegenmaßnahmen
Die Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft (LMBV), die seit 1994 für die Sanierung, Gestaltung und Verwaltung der zahlreichen ehemaligen Tagebauflächen verantwortlich ist, nennt auf ihrer Internetseite in einem Stichwortverzeichnis einen möglichen Ermittlungsansatz: das sogenannte Setzungsfließen. Dabei handelt es sich um eine „Rutschung als Folge locker gelagerter, wassergesättigter und sandiger Kippen”.
Frank Wisotzky, Professor am Lehrstuhl für Hydrogeologie an der Ruhr-Universität Bochum, erläutert, dass die Probleme bei der Aufbereitung alter Kippen in Fachkreisen bekannt sind – aber auch die entsprechenden Gegenmaßnahmen: So lässt sich anhand der Materialzusammensetzung berechnen, welchen Neigungswinkel Böschungen nicht überschreiten dürfen, um stabil zu bleiben. Darüber hinaus können mit verschiedenen Techniken gefährdete Böschungen so verdichtet werden, dass sie standsicher sind. Doch dies sei in den mitteldeutschen Abbaugebieten manchmal nicht passiert, weil die Abbaugebiete fast von einem Tag auf den anderen stillgelegt worden seien. Da sei keine Zeit geblieben für Sicherungsarbeiten.
Kein Vergleich zum Niederrhein
Einen Vergleich mit den niederrheinischen Abbaugebieten könne man nicht ziehen, so Wisotzky. Dort geschehe schon beim Abbau der Braunkohle der Wiederaufbau der Kippe gezielt nach errechneten Vorgaben. Jörg A. Linden, Sprecher der landesweit für Bergbau zuständigen Bezirksregierung Arnsberg, verweist auf die unterschiedliche geologische Situation: Die Orte am Niederrhein lägen auf gewachsenem Gelände, nicht auf aufgeschüttetem. Ebenso gebe es eine Sicherheitszone von 100 Metern, in der sich Menschen nicht aufhalten dürfen. Darüber hinaus unterlägen alle Böschungsbereiche einer permanenten GPS-gestützten Kontrolle, um sofort auf eventuelle Veränderungen reagieren zu können.