Essen. Tagesbaustellen sorgen häufiger für Staus als manche Großbaustelle. Bis zu 80 gibt es täglich davon. Wir sprachen mit dem Stau-Experten der Uni Duisburg-Essen, Michael Schreckenberg, über das Baustellenmanagement von Straßen.NRW und die wirtschaftlichen Auswirkungen von Tagesbaustellen.

Bis zu 80 Tagesbaustellen gibt es täglich in NRW. Sind die ein größeres Übel als die dauerhaften Großbaustellen auf den Autobahnen?

Schreckenberg: Sie sind schlimmer, weil sie für den Autofahrer nicht vorhersehbar sind. Auf die Großbaustellen haben sich die meisten Autofahrer ja eingestellt. Doch die Tagesbaustelle kommt unerwartet, sie wandert und wird auch von den Navigationsgeräten nicht erfasst. Man könnte fast sagen: Tagesbaustellen sind wie viele kleine Nadelstiche.

Sind die Tagesbaustellen denn überhaupt nötig? Wäre es nicht einfacher, beispielsweise die Pflanzen im Mittelstreifen zu entfernen statt sie andauernd stutzen zu müssen?

Sicher, bei Tagesbaustellen wird viel getan, was vielleicht vermeidbar wäre. Aber die Medaille hat immer zwei Seiten. Durch die Bepflanzung fließt das Regenwasser ab, sonst würden sich ständig riesige Pfützen bilden. Deshalb müssen auch die Kanäle gereinigt werden.

Wie würden sie das Baustellenmanagement von Straßen.NRW beurteilen?

An sich ist es sehr gut, sogar vorbildlich. Schließlich wird in NRW in zwei Acht-Stunden-Schichten gearbeitet, damit ist das Land bundesweit der Vorreiter. Auch das Bonus-System ist eine gute Sache. Für jeden Tag, den die Unternehmer schneller fertig sind als angesetzt, gibt es 15 000 Euro. Das ist ein Anreiz. Man könnte auch in drei Schichten 24 Stunden arbeiten, aber das ist mit anderen Problemen verbunden. Arbeitsrechtlichen, kosten- und sicherheitstechnischen. Aber irgendwann wird es sicher drei Schichten geben, die dann 24 Stunden arbeiten.

Welche wirtschaftlichen Auswirkungen hat ein Stau?

Auf dem zweispurigen Teil der A 40 würde ein dreistündiger Stau über vier Kilometer einen geschätzten volkswirtschaftlichen Schaden zwischen 20 000 und 100 000 Euro verursachen.

Häufig werden Staus auch durch Unfälle ausgelöst. Wie groß ist die Unfallgefahr aber im Stau selbst?

Die größte Gefahr ist das Stauende, da gibt es auch keine Frühwarnsysteme. Als Fahrer erwartet man auf der Autobahn eben keine stehenden Objekte. Außerdem überschätzen die meisten Autofahrer ihre Reaktionsfähigkeit. Um es auf einen Nenner zu bringen: Die unangepasste Geschwindigkeit ist die größte Unfallursache.