Essen. Die Deutsche Islamkonferenz kommt zu ihrer letzten Sitzung zusammen. Autorin und Soziologin Necla Kelek zieht kritische Bilanz. Es sei weder über die Rechte muslimischer Frauen, über Gewalt in Familien noch über den Zwang zur Heirat gesprochen worden.

Am Donnerstag kommt die Deutsche Islamkonferenz, zu der Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble einlädt, zu ihrer vierten und letzten Sitzung zusammen. Die Autorin und Soziologin Necla Kelek ist Teilnehmerin der Islamkonferenz. Im Gespräch mit Angelika Wölk zog sie eine Bilanz.

Frau Kelek, was haben die Treffen in Berlin gebracht?

Necla Kelek: Nach drei Jahren Islamkonferenz weiß niemand, wofür der Islam in Deutschland steht, aber man weiß, was er will: Der politische Islam will Schritt für Schritt seine Rechte auf ein religiöses Leben in Deutschland durchsetzen. Und das scheint auch zu gelingen, denn alle Parteien unterstützen das. Der Wille, sich mit den Islamverbänden zu arrangieren, ist überdeutlich. Eine Auseinandersetzung mit den Verbänden hat aber nicht stattgefunden.

Was ist falsch gelaufen?

Kelek: Man hat nicht versucht herauszufinden, für welche Werte die einzelnen Verbände stehen – zur Religionsfreiheit, zur Glaubensfreiheit; wie sie sich finanzieren. Es ist nicht über die Rechte muslimischer Frauen, über Gewalt in Familien, den Zwang zur Heirat gesprochen worden. Es hat niemand gefragt, wie sich die fünf Islamverbände gegeneinander abgrenzen und welchen Einfluss sie auf die muslimische Gemeinschaft haben. Offensichtlich ist man der Meinung, „die Muslime” sind noch nicht so weit, um klar mit ihnen reden zu können. Die Arbeitsergebnisse lesen sich deshalb zum Teil wie ein Therapiekonzept für Problemfamilien. Für mich ist dieses Nicht-Ernstnehmen auch eine subtile Art der Diskriminierung.

Falls es nach der Wahl eine neue Islamkonferenz gibt – wie sollte sie aussehen?

Kelek: Es müsste vor allem inhaltlich diskutiert werden. Teilnehmen sollten nur Islam-Verbände, die bereit sind offenzulegen, wie sie sich inhaltlich voneinander unterscheiden. Der Scharia-Weg einiger Verbände, die dabei sind, ist definitiv der falsche Weg. Er ist noch nicht einmal religiös zu begründen, sondern Islampolitik. Diese Glaubensparteien sprechen nicht für die Mehrheit der Muslime im Land.

Wofür sollte der Islam stehen?

Kelek: Als säkulare unorganisierte Muslimin verteidige ich Demokratie, Freiheit und Selbstbestimmung, ich wehre mich gegen die Scharia und gegen das Kopftuch für Kinder. Und ich will, dass die Muslime ernst genommen werden – auch wenn das bedeutet, dass man sie mit der politischen Realität einer streitbaren Zivilgesellschaft konfrontieren muss.