Essen. Karstadt, Quelle, Hertie, Woolworth – in der Handelsbranche jagt eine Krisenmeldung die nächste. Doch viele Bürger bezweifeln, dass der Staat zum Retter in der Not taugt. So lehnen laut einer Umfrage 77,3 Prozent der Bürger Staatshilfen zur Rettung des Warenhauskonzerns Karstadt ab.
In einer Umfrage des Düsseldorfer Beratungsinstituts Grass Roots lehnen 77,3 Prozent der Bürger staatliche Hilfen zur Rettung des Warenhauskonzerns Karstadt ab. Lediglich 15 Prozent befürworten in der Umfrage, die dieser Zeitung exklusiv vorliegt, staatliche Kredite oder Bürgschaften für das mittlerweile insolvente Traditionsunternehmen aus dem Essener Arcandor-Konzern. 7,7 Prozent zeigten sich unentschieden, als sie auf mögliche Staatshilfen für Karstadt angesprochen wurden.
„Viele Befragte sind offensichtlich sehr skeptisch, wenn es darum geht, dass der Staat Managementfehler von Unternehmen beheben will”, sagt Grass-Roots-Geschäftsführer Johannes Broscheid-Vogt. Sein Institut hat nach eigenen Angaben für die repräsentative Studie Mitte Juni rund 2000 Menschen über das Internet befragt.
16,4 Prozent lehnen Warenhaus AG ab
Einer möglichen Fusion von Karstadt und der Metro-Konzerntochter Kaufhof steht demnach eine Mehrheit aufgeschlossen gegenüber. Etwa jeder zweite Befragte habe erklärt, er fände einen Zusammenschluss der beiden großen Warenhauskonzerne gut. Lediglich 16,4 Prozent zeigten eine ablehnende Haltung zum Modell der „Deutschen Warenhaus AG”. 27,1 Prozent erklärten, es sei ihnen egal, ob es zu einer Fusion komme.
Ohnehin verfolgen die potenziellen Kunden die Diskussion über einen Zusammenschluss offenbar überaus gelassen. Der Erhebung zufolge geben 85,7 Prozent der Befragten an, ihr Einkaufsverhalten nicht ändern zu wollen, sollten Karstadt und Kaufhof fusionieren.
Ausgeprägte emotionale Bindung zu Karstadt
Trotz der grundsätzlich skeptischen Haltung zu Staatshilfen für Krisenunternehmen: Sollte der Name Karstadt aus dem Stadtbild verschwinden, würden dies viele Menschen bedauern. Immerhin 45,7 Prozent der Befragten gaben an, sie würden Karstadt vermissen, wenn sie dort „plötzlich nicht mehr einkaufen können”. Eine ähnlich große Anzahl an Menschen (46,5 Prozent) rechnet allerdings nicht mit diesem Gefühl des Vermissens. Marktforscher Broscheid-Vogt sieht keinen Widerspruch in der ablehnenden Haltung vieler Bürger zur Staatshilfe und der relativ ausgeprägten emotionalen Bindung zur Marke Karstadt. Es zeige sich, dass sich viele Menschen bei der Bewältigung von Unternehmenskrisen marktwirtschaftliche Lösungen wünschten. „Viele Menschen glauben offensichtlich noch an die Marktwirtschaft und lehnen die Einmischung des Staates ab”, sagt Broscheid-Vogt.
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Die Marktforscher haben die Befragten auch dazu aufgefordert, die Fälle Karstadt und Opel zu vergleichen. 36,9 Prozent sehen den Warenhauskonzern tatsächlich gegenüber dem Autobauer benachteiligt, berichtet das Institut. 52,5 Prozent könnten keine Benachteiligung von Karstadt seitens der Bundesregierung erkennen.
Die Studie liefert auch Anhaltspunkte dafür, warum Karstadt in die Krise geschlittert ist. Beispielsweise verbindet nicht einmal jeder dritte Befragte „gute Preise” mit Karstadt. Auch die Werte in der Kategorie Service könnten besser ausfallen. Immerhin: Viele Befragte verbinden die Marke Karstadt mit Begriffen wie Qualität, Tradition, Sauberkeit, Zuverlässigkeit und Produktvielfalt.