Berlin. Einmal Parteirebellin, immer Parteirebellin: Auch bei den Freien Wählern eckt die frühere CSU-Frau Gabriele Pauli an. Weil sie die Gründung einer eigenen Partei angekündigt hatte, wurde sie jetzt aus der Landtagsfraktion geworfen. Nun ist sie mal wieder heimatlos.

Man könnte eine boshafte Geschichte erzählen über einen Superstar, den Deutschland gar nicht gesucht hatte, der sich von selbst fand und schnell wieder verloren ging. Aber erstens ist die Geschichte möglicherweise eine traurige, und zweitens ist sie noch nicht zu Ende, wie Gabriele Pauli ankündigte. „Man muss erst mal ein Kapitel schließen, bevor ein neues beginnt”, sagte sie am Dienstag, kurz nachdem die Freien Wähler sie aus ihrer Fraktion im bayerischen Landtag ausgeschlossen hatten.

Zum zweiten Mal innerhalb kurzer Zeit hat die frühere CSU-Politikerin eine politische Heimat verloren, dieses Mal in voller Absicht. Sie will ihre Heimat selbst erschaffen, in Gestalt einer neuen Partei. Weil die Freien Wähler nicht akzeptieren, dass ihre Spitzenkandidatin für die mit minimalem Ergebnis erlittene Europawahl mit einer eigenen „Bürgerbewegung” zur Bundestagswahl antreten will, gehen sie also nach nur einem Jahr getrennte Wege.

Waren die Freien Wähler nur eine Plattform?

Einige Freie Wähler fühlen sich ausgenutzt, weil sie Pauli vielleicht nur eine Plattform für ihr Aufmerksamkeitsbedürfnis bieten sollten. Pauli hat ihre eigene Begründung für die Aggressionen, die ihr nach ihrem Empfinden entgegenschlagen. Manche freien Wähler seien gar nicht frei, psychologisiert die 51-Jährige. Die Wut über die eigene Unfreiheit ließen sie an denen aus, die frei seien.

Pauli hat im Zuge ihrer abwechslungsreichen Karriere schon viel über Freiheit gesprochen, und weil sie sich gern mit Psychologie beschäftigt, könnte sie eine Erklärung für ihr großes Freiheitsbedürfnis eventuell teilen: die Erfahrung, einmal vogelfrei gewesen zu sein, was man mit verbannt, entrechtet oder friedlos umschreiben kann. Als CSU-Chef Edmund Stoiber nach seiner Flucht vor der Verantwortung als Minister in Berlin seinen sinkenden Stern in Bayern noch mühsam hochzuhalten versuchte, erwirkte Pauli den freien Fall. Ihre Kritik an einer verfilzten CSU und ihre Vorwürfe, Stoibers Büroleiter habe ihr Privatleben nach Männerbekanntschaften und Alkoholproblemen ausgeforscht, beschleunigten den Sturz des Ministerpräsidenten. Um die „Königsmörderin” wurde es in der CSU einsam, in Bierzelten wurde sie ausgepfiffen, aber dafür hatte sie neue Freunde gefunden. Die Medien.

Unglaublich viel Spott

Diese zeichneten Bild um Bild von der attraktiven Frau als mutige Rebellin oder als „heilige Johanna” aus Fürth, als leidenschaftliche Motorradfahrerin, die sie tatsächlich ist, sowie als laszive Person in Latex. So hatte sich Pauli für eine Illustrierte fotografieren lassen, was ihr unglaublich viel Spott eintrug, sie aber nicht daran hinderte, vollkommen erfolglos für den CSU-Vorsitz zu kandieren. Ihren leicht irrlichternden Wahlkampf bestritt die allein erziehende Mutter einer Tochter mit Forderungen nach einer Ehe auf Zeit und zahlreichen Auftritten in Talkshows.

Darüber geriet rasch in Vergessenheit, dass Dr. Pauli einmal eine hoch angesehene Landrätin in Fürth gewesen ist, wo sie Zustimmungswerte über 60 Prozent erzielte. Ihre Promotion hat Pauli mit einem Thema absolviert, das ihre zuweilen schrillen Auftritte fast noch rätselhafter erscheinen lässt: „Öffentlichkeitsarbeit politischer Parteien am Beispiel der CSU.”