Berlin. Der Verbraucher wird geneppt. Pizzabäcker verwenden zunehmend Käseimitat. Und auch Milcheis kommt oft ganz ohne Milch aus. Der so genannte "Analog-Käse" besteht aus Pflanzenfett, Wasser, Eiweißpulver und Geschmacksverstärkern. Und ist deutlich billiger.

Lecker sehen Pizzen oder Aufläufe aus, wenn sie aus dem Ofen kommen. Doch der Biss in die appetitliche Käsekruste erweist sich für den Speisenden immer häufiger als einer in eine zweifelhafte Melange von Zutaten. Denn die Lebensmittelindustrie ersetzt den teuren Käse zum Überbacken zunehmend durch einen billigen Ersatzstoff.

„Analog-Käse” heißt die Mischung aus Pflanzenfett, Wasser, Eiweißpulver und Geschmacksverstärkern. Der Chef des Bundesverbands der Verbraucherzentralen (vzbv), Gerd Billen, hat ein einfacheres Wort dafür gefunden: „Pampe”. Die Masse wird vor allem von Pizzafabriken oder Bäckereien eingesetzt. So manches knusprige Käsebrötchen hält also nicht, was der erste Anschein verspricht.

40 Prozent günstiger

Für die Industrie ist die Rechnung simpel. Der nachgeahmte Käse kostet 40 Prozent weniger als echter Mozzarella, Gouda oder Feta. Gesundheitsgefahren entstehen durch den Genuss des Imitats auch nicht. Solange der Verbraucher nichts bemerkt, ist alles in Ordnung. Doch genau da liegt das Problem. Wo Käse drauf steht, muss auch welcher drin sein. „Es darf weder durch Werbung irgendwelcher Art oder Aufmachung irgendwelcher Art behauptet oder der Eindruck erweckt werden, dass es sich um ein Milcherzeugnis handelt”, stellt das Bundesverbraucherministerium fest.

Das europäische Recht ist in diesem Punkt klar geregelt. Die Praxis in Bäckereien oder Imbissstuben sieht anders aus. „Verbraucher werden mit Kunstkäse getäuscht”, warnt die Verbraucherschutzbeauftragte der Union, Julia Klöckner. Ihr Kollege Peter Bleser spricht von Betrug, wenn die Kunden bewusst in die Irre geführt werden.

Das Ausmaß der Schummeleien ist beträchtlich. Auf rund 100 000 Tonnen jährlich schützt Bauernverbandspräsident Gerd Sonnleitner den jährlichen Ersatzstoffverbrauch der Industrie. Die Landwirte sorgen sich weniger um die Verbraucher als vielmehr um den Milchabsatz. Denn mittlerweile werden etwa fünf Prozent der Milch nicht mehr benötigt, weil die Lebensmittelhersteller andere Grundstoffe einsetzen. Beim Speiseeis wird beispielsweise ebenfalls oft auf Milch verzichtet. Die Werbung erzeugt einen anderen Eindruck.

Gerade in Restaurants und Imbissbuden kaum nachprüfbar

Den Kunden bleibt nur eine verstärkte Aufmerksamkeit beim Einkauf oder der Bestellung im Restaurant. Nur bei der Bezeichnung Milchspeiseeis wird sicher auch tatsächlich Milch verarbeitet. Ebenso achtsam sollte der Blick auf die Kennzeichnung von Pizzen oder Käsebaguettes gelenkt werden. Fehlt die Inhaltsangabe „Käse”, wird eventuell ein Imitat verwendet.

Gerade in Restaurants oder Imbissstuben lässt sich für den Gast kaum nachprüfen, ob echter oder falscher Käse serviert wird. Bei den Kontrollen hapert es in vielen Bundesländern noch. Außerdem werden die Ergebnisse der Überprüfungen in der Regel unter Verschluss gehalten. Die Organisation Foodwatch fordert daher mehr Transparenz seitens der Behörden. Alle Lebensmittelkontrollergebnisse müssten veröffentlicht werden, verlangen die Verbraucherschützer.

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