Düsseldorf. Der lukrative Verkauf von ausrangierten Dienstpistolen in die USA beschäftigt den Landtag NRW. Denn: Manche der gebrauchten Waffen vom Typ Sig Sauer P6 kommen über dunkle Kanäle zurück nach Deutschland.
Der umstrittene Verkauf ausrangierter Polizeiwaffen aus NRW in die USA erhitzt vor der heutigen Landtagssitzung die Gemüter. Das Innenministerium räumte gestern auf Anfrage der WAZ ein, dass in den letzten beiden Jahren bereits 36 000 gebrauchte, aber gut erhaltene Dienstpis-tolen des Typs Sig Sauer P 6 weiterverkauft wurden – 4000 mehr als bekannt. Doch offenbar verbleiben sie nicht immer in den USA. In einem Fall fordert die Gewerkschaft der Polizei (GdP) Aufklärung von Innenminister Ingo Wolf (FDP), wie eine Pistole „in kriminelle Hände geraten konnte” – in Deutschland.
Ausgemusterte Dienstpistole bei Straftat aufgefallen
Nach Angaben von GdP-Landeschef Frank Richter wurde die Waffe im August 2008 bei einer Hausdurchsuchung in Hamburg sichergestellt. Hintergrund sei ein schwerer Straftatbestand. Das Schussprofil beweise eindeutig, dass die Pistole aus NRW-Beständen stamme. Zwar dürfen alte Polizeipistolen laut Innenministerium nicht auf dem deutschen Markt verkauft werden. Der Fall zeige aber, so Richter zu DerWesten, „dass sie jederzeit wieder in Deutschland auftauchen können, um hier für Straftaten benutzt zu werden”. Ungeklärt ist auch, ob es weitere Fälle gibt.
Die schon unter der rot-grünen Landesregierung gängige Praxis, nach der die bundeseigene Gesellschaft VEBEG ausrangierte Polizeiwaffen aus NRW erwirbt und über lizenzierte Händler und mit Auflagen in die USA weiterverkauft, stößt auf immer mehr Widerstand. Während das Innenministerium auch die restlichen 4000 Sig Sauer P6 zu Geld machen will, fordern Karsten Rudolph (SPD) und Monika Düker (Grüne) ebenso wie die GdP, sie nach dem Vorbild anderer Bundesländer zu verschrotten.
Gewerkschaft kritisiert "dicke Geschäfte" mit Dienstwaffen
Auch in der CDU wächst die Skepsis. „Ich bin dafür, die Praxis zu überdenken, weil sie sehr sensibel ist”, so Innenpolitiker Theo Kruse. Frank Richter spricht von „Doppelmoral”. Während die Politik nach den jüngsten Amokläufen über schärfere Waffengesetze diskutiere, mache das Land mit Waffenverkäufen „dicke Geschäfte”.
Über drei Millionen Euro hat NRW bisher eingenommen. Gefordert wird aber auch eine Änderung der Haushaltsordnung, die den Ministerien vorschreibt, für ausrangiertes Eigentum „Restwerte” zu erzielen.