Düsseldorf. Sachsen rollt an: Das Bundesland wirbt an NRW-Schulen um die Studenten von morgen. Die Ostdeutschen locken vor allem damit, dass es in Sachsen keine Studiengebühren gibt, und mit gut ausgestatteten Universitäten, die nicht überfüllt sind. Als Kronzeugen treten Wessis auf.
Losgefahren sind sie schon am Sonntag, hintereinander ein Laster, ein Bulli und ein Auto, die Besatzung zusammen zehn Mann hoch, gefühlte 25 Tonnen Papier an Bord, dazu ein Sofa, ein Laptop, ein Kleiderständer, eine Topfpflanze und eine Mission. „Land von Welt” steht auf dem Laster aus Dresden. Sachsen rollt an.
Jetzt steht Stefan Krauth im Foyer des Max-Planck-Gymnasiums in Düsseldorf und hat mit den allerschmalsten Grundkenntnissen zu tun. „Der Akzent erst mal”, fällt den Zehntklässlerinnen Lea, Magdalena und Divina zu Sachsen ein, „alte Gebäude in Dresden” kommt noch zögerlich nach, schließlich und tatsächlich endlich: „Dynamo.”
Viele Leerstellen also, die man füllen kann, und Krauth, Student der Bildenden Künste, erzählt von sich. Dresden sehen und sterben, ganz einfach: „Ich hatte Bock auf die Stadt.” Krauth, muss man sagen, kommt eigentlich aus Heidelberg, was aber keine Rolle spielt: „Ossi? Wessi? Wir machen uns ständig übereinander lustig, aber nur aus Scheiß.”
Studium in Zwickau
„Pack Dein Studium. Am besten in Sachsen” hat also am Montag begonnen. Das Ziel: Oberstufenschüler aus NRW für Sachsen als Studienort zu gewinnen. Das Problem da ist nämlich: Die Zahl der Plätze für Erstsemester soll bei knapp 20 000 gehalten werden, obwohl in den nächsten Jahren immer weniger Sachsen wachsen. „Wir brauchen keinen Tropfen, wir brauchen eine Welle von Studenten”, sagt Eileen Mägel. Schon 2008 habe man 2000 Abiturienten weniger gezählt.
In der Not einigten sich die Landesregierung und die 15 Hochschulen zwischen Leipzig und Görlitz auf diese Aktion: „Wir bieten eine gemeinsame Bühne, auf der jede Hochschule dann einzeln tanzen kann”, sagt Mägel, die, man ahnt es schon, die Sprecherin des Kultusministeriums ist.
Kommen wir zu Anne Duleczus, die an dieser Stelle die Rolle als Zeugin der Anklage sympathisch besetzt. Anne Duleczus stammt nämlich aus Wesel, und bis letzten Freitag studierte sie in Chemnitz erfolgreich Europastudien. Auch sie zählt auf, was viele Hochschulen im Osten von vielen Hochschulen im Westen unterscheidet. Gute Ausstattung, keine Studiengebühren, engagierte Professoren: „Da ist man keine Matrikel-Nummer, sondern hat einen Namen und ein Gesicht”, sagt die 23-Jährige. Ob die Aktion sich tatsächlich auswächst zu einer neuen Studentenbewegung, das weiß man natürlich noch nicht.
2008 war das Sachsenmobil in Bayern unterwegs, und die Kampagne hält sich zugute, zehn Prozent der Studenten seien dadurch „auf sächsische Hochschulen aufmerksam geworden”. Das ist natürlich windelweich formuliert, und unklar ist, ob es sich demnächst niederschlägt in handfesten Einschreibungen.
Wenn man nicht faul und dumm ist
„Ich habe mit 15 Leuten Chemie studiert, da muss man stinkend faul und dumm sein, um keinen Einserabschluss zu machen”, sagt Melanie Kellermann (27). Von Straubing ging sie nach Zittau, die Strategie ist spätestens jetzt klar: Sachsen setzt für seine Werbung Studenten aus dem Westen ein. Für Kellermann aber war der Schritt von Bayern nach Sachsen ein ganz kleiner: „Ich komme schon aus einem sturen Bundesland, mich kann nichts schocken”, sagt sie: „Aber ich meine das positiv.”
Dienstag, 12. Mai, Duisburg: 9 Uhr Max-Planck-Gymnasium, 11.30 Uhr St.-Hildegardis-Gymnasium. Mittwoch, 13. Mai, Bochum: 9 Uhr Albert-Einstein-Schule, 13.30 Uhr Schiller-Schule. - Danach Köln und Aachen