Proteste vor dem iranischen Parlament bei der Vereidigung Ahmadinedschads. Das Ausland reagierte unterkühlt, Angela Merkel verkniff sich die übliche Gratulation.
Draußen riefen Demonstranten „Tod dem Diktator”. Drinnen im Plenum legte Mahmud Ahmadinedschad den Eid für seine zweite Amtszeit ab.
Ein Teil der Sitze im iranischen Parlament blieb leer. Rund ein Viertel der Abgeordneten war nicht erschienen, ebenso wie die früheren Präsidenten Hashemi Rafsandschani und Mohammed Chatami, sowie der Ex-Premier Mir Hossein Mussawi, die heute alle der Opposition angehören. Auch die Familienmitglieder des Staatsgründers Ayatollah Chomeini blieben demonstrativ fern. Von den ausländischen Botschaftern gekommen waren die Vertreter Großbritanniens, Frankreichs und Schwedens, das derzeit den Vorsitz der Europäischen Union innehat. Deutschland war mit einem Diplomaten vertreten, nicht mit seinem Botschafter.
Bei seiner im Staatsfernsehen übertragenen Antrittsrede nannte Ahmadinedschad den Tag seiner umstrittenen Wiederwahl, den „Beginn wichtiger Veränderungen im Iran und in der Welt”. An seine Landsleute gerichtet, erklärte der Präsident: „Wir sollten uns an der Hand fassen, während wir voranschreiten, um unsere Ziele zu erreichen.” Die Demonstrationen gegen ihn erwähnte er nicht, kündigte aber an, seine Regierung werde in diesem Machtkampf nicht zurückweichen: „Wir werden Missachtung, Einmischung und Beleidigungen nicht dulden”, sagte der 52-Jährige.
Er versprach, „das Problem der Arbeitslosigkeit zu lösen”, wirtschaftliche Privilegien abzuschaffen und die Korruption zu bekämpfen. Außenpolitisch strebe Teheran eine „effektivere Rolle” an. Sein Land wolle mit der Welt friedlich zusammenleben, aber man werde jeder Macht widerstehen, die den Iran „herumzustoßen” versuche. Auf die Aussage des Weißen Hauses, man betrachte Ahmadinedschad als „gewählt”, werde ihm aber nicht gratulieren, reagierte der iranische Präsident sarkastisch: „Wir haben gehört, dass einige westliche Regierungschefs sich entschlossen haben, die neue Regierung anzuerkennen, ihr aber nicht zu gratulieren – niemand im Iran wartet auf ihre Glückwünsche”, sagte er unter starkem Beifall des Plenums.
Wie US-Präsident Barack Obama, verzichteten auch Angela Merkel und andere EU-Staatschefs auf das übliche Gratulationsschreiben. Nach der Verfassung hat Ahmadinedschad jetzt zwei Wochen Zeit, eine neue Regierung zu bilden und dem Parlament eine Kabinettsliste vorzulegen.
Auch am Tag der Vereidigung gab es Proteste. Die Polizei ging in Teheran mit Pfefferspray gegen Demonstranten vor, die grüne Bänder trugen. Die Arbeit unabhängiger Medien ist seit Wochen verboten. Die Oppositionsführer Mir Hossein Mussawi und Mehdi Karroubi kündigten an, ihren Widerstand fortzusetzen.
Am Abend vor der Vereidigung Ahmadinedschads hatte der populäre Großayatollah Hossein Ali Montazeri die Verhandlungen des Revolutionsgerichts gegen Demonstranten und Reformpolitiker als „Schauprozess” gegeißelt. Das Verfahren erinnere an die Gerichte von Josef Stalin in Russland oder Saddam Hussein im Irak, erklärte der 88-jährige schiitische Geistliche auf seiner Internetseite. Durch falsche Geständnisse könne keines der Probleme des Landes gelöst werden, kritisierte Montazeri. Sie würden nur für neues Misstrauen, Ärger und Empörung sorgen und die Krise verschlimmern.