Köln. Am Pfingstwochenende hat Köln an den fremdenfeindlichen Nagelbombenanschlag vor zehn Jahren erinnert. Nicht traurig, sondern vielfältig, fröhlich und kritisch. Der Bundespräsident unterstützt die Solidarität der Vielen gegen den Hass der Wenigen. Ein Unwetter beendete das fest leider vorzeitig.
Bundespräsident Joachim Gauck hat am zehnten Jahrestag des Kölner Nagelbombenanschlags aufgerufen, gegen fremdenfeindliche Gewalt zusammenzustehen. Zum Auftakt einer großen Kundgebung in der Nähe des Anschlagsorts erinnerte Gauck am Montag an den Terror des "Nationalsozialistischen Untergrund" (NSU) und sagte: "Mehr als zehn Jahre lang haben die Mitglieder einer rechtsextremistischen Bande unerkannt rauben, morden und Anschläge wie den in der Keupstraße tätigen können."
Köln beantworte den Hass der Wenigen mit dem Mitgefühl und der Solidarität der Vielen, sagte Gauck. Das dreitägige Kölner Gedenkfest am Pfingstwochenende sei ein Geschenk für ganz Deutschland. "Heute stehen wir zusammen." Es gehe um ein "Land, in dem wir ohne Angst verschieden sein können". Jeder könne und müsse dazu im Alltag seinen Beitrag leisten.
Solidarität der Vielen gegen den Hass der Wenigen
Am 9. Juni 2004 war in der Keupstraße in Köln-Mülheim eine Nagelbombe explodiert. 22 Menschen wurden verletzt, manche lebensgefährlich. Die Polizei glaubte lange nicht an einen rechtsextremen Hintergrund. Erst Ende 2011 wurde deutlich, dass die NSU-Terroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt wohl auch für diesen Anschlag verantwortlich waren.
Als Zeichen gegen Rechts organisierte Köln das Fest "Birlikte - Zusammenstehen". Schon am Sonntag wurde fröhlich gefeiert in den Geschäften und Hinterhöfen der Keupstraße, die als ein Zentrum des türkischen Geschäftslebens in Köln gilt. Auf über 30 Bühnen spielte Musik, liefen Filme, wurde vorgelesen.
Erinnern an das Versagen der Behörden
Immer wieder wurde das Versagen der deutschen Behörden angesprochen. "Die falschen Verdächtigungen der Behörden waren für mich der eigentliche Anschlag, fast noch schlimmer als die Tat selbst", sagt Uzay Özdag, der in einer Familienkonditorei in der Keupstraße arbeitet. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) sagte am Montag bei einer Podiumsdiskussion: "Ich schäme mich dafür, dass der deutsche Staat es nicht geschafft hat über so viele Jahre, dafür zu sorgen, dass unbescholtene Bürgerinnen und Bürger besser geschützt wurden."
Höhepunkt des Festes war die große Abschlusskundgebung am Montagabend vor mehreren Zehntausend Zuschauern. Bei strahlendem Sonnenschein standen unter anderem Wolfgang Niedecken, Peter Maffay und Udo Lindenberg auf dem Programm.
"Wir wollen mit unserem Besuch ein Zeichen setzen"
Viele verschiedene Veranstalter haben sich für diese Tage zusammengetan, darunter die "AG Arsch huh", die Stadt Köln, die "Amadeu Antonio Stiftung" und die Initiative "Keupstraße ist überall".
Auch Elisabeth Zöller war am Sonntag dabei. "Wir sind gekommen wegen der Menschen, die hier leben. Wir wollen mit unserem Besuch ein Zeichen setzen, dass wir alle zusammenstehen und gut miteinander leben können", sagt Zöller. Ihr Mann, der zum Anschlagszeitpunkt um die Ecke arbeitete, nickt zustimmend.
Das bunte Fest musste allerdings am Abend wegen einer Unwetterwarnung vorzeitig beendet werden. Es seien Hagel und Sturmböen zu erwarten, wurde den 50 000 Besuchern am Montagabend mitgeteilt. Deshalb müsse die Veranstaltung leider abgebrochen werden - zwei Stunden früher als geplant. Udo Lindenberg und Peter Maffay konnten nicht mehr auftreten. Lindenberg winkte den heimwärts eilenden Besuchern noch von einem Fenster aus zu. (dpa)