Köln/München. Am 19. Januar 2001 detoniert ein Sprengsatz in einem Lebensmittelgeschäft in Köln. Eine junge Frau entgeht schwer verletzt nur knapp dem Tod. Über 13 Jahre nach der Tat wird der Fall nun vor dem Münchener Landgericht verhandelt. Im Blickpunkt: Der NSU um die Angeklagte Beate Zschäpe.

Es war ein besonders hinterhältiger Anschlag, das Opfer entkam nur knapp dem Tod – wer hinter der Tat in Köln steckt, blieb lange ein Rätsel. Nun, nach über 13 Jahren, soll die Frage vor dem Münchener Landgericht geklärt werden. Die Staatsanwaltschaft hält die Rechtsterroristen des NSU um die Angeklagte Beate Zschäpe für die Verantwortlichen.

Rückblende: Es hätte nicht viel gefehlt und die 19-jährige Mashia M. hätte ihre Neugier mit ihrem Leben bezahlt. Sie wollte wissen, was sich in einer Christstollendose befindet, die seit einigen Wochen in einem Einkaufskorb hinten im Lebensmittelgeschäft ihres Vaters in der Kölner Innenstadt stand.

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Am 19. Januar 2001 hebt die Deutsch-Iranerin den Deckel der Dose und löst damit eine heftige Explosion aus. Bevor ihr eine Stichflamme das Gesicht verbrennt und Splitter ihre Haut zerschneiden, sieht sie noch eine blaue Gasflasche in der Dose. Wochenlang liegt sie im künstlichen Koma.

Der Trick mit dem Einkaufskorb

Wie der Sprengsatz in den Laden kam, ist relativ schnell klar: Kurz vor Weihnachten hatte ein junger Mann den Laden des Vaters der damals 19-Jährigen betreten. Er hatte einen Korb dabei, in den er einige Einkäufe legte. An der Kasse gab er an, seinen Geldbeutel vergessen zu haben und diesen nur schnell holen zu wollen. Den Korb ließ er dort stehen. Er blieb zunächst im Laden stehen, dann stellte ihn die Familie nach hinten – dorthin, wo Mashia M. am 19. Januar die Dose öffnet.

Die Ermittlungen bleiben lange ohne Ergebnis. Erst mehr als zehn Jahre später, nach dem Auffliegen der Neonazi-Terrorzelle „Nationalsozialistischer Untergrund“ im Herbst 2011, wird das Bild klarer. Laut Anklage war es einer der mutmaßlichen NSU-Terroristen Uwe Mundlos oder Uwe Böhnhardt, der den Sprengsatz im Laden deponierte. Ein Kilo Schwarzpulver befand sich in der Gasflasche.

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Ermittler fanden kein Motiv für die Tat

Vernachlässigten die Fahnder wie bei einem anderen Anschlag 2004 in Köln die Spur zu fremdenfeindlichen, rechtsextremen Gruppen? Der damalige Ermittlungsleiter, ein heute im Ruhestand befindlicher Kriminalhauptkommissar, räumte am Dienstag vor Gericht ein, dass es den Ermittlern nie gelungen sei, ein Motiv für die Tat zu finden. Der Korb sei vier Wochen vor der Explosion abgegeben worden und es hätte jeden treffen können, so der Ex- Polizist.

„An welches Täterprofil haben Sie damals gedacht?“, wollte Edith Lunnebach, eine der Nebenklageanwältinnen der Kölner Anschlagsopfer, von dem Mann wissen. Seine Antwort: „Wir haben gar nicht gedacht.“ Auf weitere ihrer Nachfragen verteidigte sich der 65-Jährige, dass in seiner Verantwortung damals nicht nach politischen Motiven gesucht wurde. Dafür sei der polizeiliche Staatsschutz zuständig gewesen.

Die Tat den inzwischen verstorbenen Mundlos oder Böhnhardt zuzuordnen, wird in dem Prozess nicht einfach. An den Resten der Bombe wurden keine Fingerabdrücke festgestellt, nach DNA-Spuren sei nicht gesucht worden, so das Landeskriminalamt. Eine erneute Überprüfung ist nicht möglich, da die Beweisstücke nicht mehr existieren: Alle Asservate wurden sechs Jahre nach der Explosion auf Anweisung der Staatsanwaltschaft vernichtet.