Essen. . Bei der Kommunalwahl geht es um nichts weniger, als die Macht in den Rathäusern. Mancherorts war im Wahlkampf die Stimmung mächtig gereizt. Es gab so manchen Zwist und Zoff - auch innerhalb der Parteien.

Es gibt verschiedene Definitionen von dem, was Politik eigentlich ist: Machtkampf oder eher stete Suche nach dem Kompromiss? In der Praxis gibt es beides. An diesem Sonntag, 25. Mai, ist Kommunalwahl in NRW. Es geht um nicht weniger als die Macht in den Rathäusern. Da sind auch Zwist und Streit Begleiter im Wahlkampf.

"Debil", "gespaltene Persönlichkeit": Mit solchen Worten hatte Andreas Blanke, der Chef der Oberhausener Grünen, in den vergangenen Wochen für eine Woge der Entrüstung vor Ort gesorgt, die in eine Unterlassungserklärung mündete. Und Rücktrittsforderungen, denen sich Blanke allerdings wiedersetzt. Unter Pseudonym hatte Blanke in Internet-Kommentaren politische Gegner angegriffen.

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Die örtliche CDU etwa habe er als "jämmerlichen Haufen" beschimpft, "der mit allen Mitteln versucht, an den gesellschaftlichen Rändern ein paar Stimmen abzuschöpfen". Blankes Anwalt entgegnete der Beschwerde eines ebenfalls von Blanke angegangenen Mitbewerbers per Brief, "dass in Wahlkampfzeiten zulässigerweise mit 'harten Bandagen' gekämpft werden darf".

"In Gladbeck wird man befördert"

Die CDU in Gladbeck macht mit einem "Hetzzettel" - so bezeichnen ihn Kritiker - von sich Reden und versucht so, SPD-Bürgermeister Ulrich Roland anzugreifen, der am 25. Mai wiedergewählt werden möchte. In einem acht Seiten starken DIN-A 5-Heft ließ die CDU eine Dokumentation an Haushalte verteilen, die die Affäre um den früheren Stadtsprecher Peter Breßer-Barnebeck vom Frühjahr 2013 aufwärmt. "Als "A-löcher", "Ökofutzi" oder "Kameradenschw..." hat er politisch Andersdenkende unter dem Pseudonym RolfSchlaegel in Onlineforen beschimpft", beklagt sich die Gladbecker CDU auch auf ihrer Internetseite. Am meisten aber stößt sie sich daran, dass Bürgermeister Roland den Stadtsprecher als Folge der Affäre in die Leitung der Wirtschaftsförderung versetzte. "In Gladbeck wird man befördert", höhnt die CDU.

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In Krefeld liegt unterdessen die Führung der örtlichen Partei "Alternative für Deutschland" (AfD) im Clinch - mit sich. Einem örtlichen Medienbericht zufolge ist von "schweren parteiinternen Zerwürfnissen" die Rede. So hätte einer der Ratskandidaten gleich mehrere Vorstandsmitglieder wegen angeblicher Wahlfälschung angezeigt, und sich damit wiederum Anzeigen wegen übler Nachrede und Verleumdung eingefangen. Grund des Streits sei wohl Knatsch um die Besetzung der Kandidaten-Listen für die Ratswahl. Und in Hagen bescherte just eine Woche vor der Kommunalwahl der dortige Alt-Oberbürgermeister Peter Demnitz der SPD eine PR-Schlappe. Nach gut 38 Jahren in der SPD sah sich Demnitz von seiner Partei nicht ausreichend gewürdigt, weil er sich in einem Stadtteil als Einzelkandidat um ein Ratsmandat bewerben wollte - gegen den dortigen SPD-Kandidaten. Die SPD leitete ein Parteiverfahren ein und Demnitz zog den Schlussstrich bei der Mitgliedschaft - nicht ohne auf Rache zu sinnen: „Ich hoffe, dass der ein oder andere seine Wahl-Entscheidung noch einmal überdenkt.“

PR-Tour auf Staatskosten?

Am Amtsbonus von Landrat Thomas Gemke (CDU) im Märkischen Kreis stößt sich die örtliche SPD. "Unerlaubter Wahlkampf" wirft Gemkes Wahl-Konkurrent Lutz Vormann vor. Weil der CDU-Landrat den Wahlkampf für seine "Klima-Tour" nutze. Die sei eine "PR-Tour", für die der Landrat "den finanziellen und infrastrukturellen Hintergrund der Kreisverwaltung" nutze, bemängelt Vormann. Gemke wiederum weist die Kritik zurück. Er besuche ín Begleitung kommunaler Klimamanager und Stadtwerke-Vertretern drei Tage lang heimische Unternehmen. Kurz vor der Kommunalwahl. Die Tour durch den Landkreis sei "eine unpolitische Veranstaltung", erklärte der Landrat.

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Der Vorwurf übertriebener Eigen-PR ereilt auch Düsseldorfs Oberbürgermeister Dirk Elbers. Der hat in diesem Kommunalwahlkampf schon einige Male von sich reden gemacht: Mal zog das CDU-Stadtoberhaupt über die Ruhrgebietskommunen her (wo er nicht mal tot über dem Zaun hängen möchte, wie er mitteilte), dann rüffelte er vor laufender Fernsehkamera einen Presseamts-Mitarbeiter. Die örtliche SPD hielt Elbers vor, er hätte sich auf Stadtkosten Zeitungsanzeigen spendieren lassen; Elbers versichert, die Kosten selbst getragen zu haben. Und ebenfalls die SPD vermutete Elbers hinter der Ausladung des SPD-OB-Kandidaten Thomas Geisel bei einem Sportler-Empfang im Rathaus. Geisel wurde dann schließlich doch wieder auf die Einladungsliste gesetzt. Nun entpuppt sich, dass Elbers Anfang Mai einen pressewirksamen Spatenstich-Termin zum Start eines Bauprojekts wohl mit Absicht zu früh terminierte. Das Bauprojekt, heißt es, sei noch gar nicht genehmigt. Elbers Bodenaushub sei längst wieder eingeebnet.

Vergiftetes Lob der SPD für Düsseldorfs verstorbenen OB Erwin

Unterdessen hält die NRW-CDU dem Düsseldorfer SPD-Oberbürgermeisterkandidaten Thomas Geisel vier Tage vor der Kommunalwahl eine "widerliche Entgleisung" vor. Geisel hat in einem Video-Statement via Youtube Düsseldorfs Ex-OB Joachim Erwin gelobt - veröffentlicht an dessen sechstem Todestag. Das Lob aber nutzte Geisel, um gegen Erwin-Nachfolger Dirk Elbers zu sticheln. Erwin habe Düsseldorf geprägt und hart dafür gearbeitet. Aber die Fußstapfen Erwins seien für Elbers zu groß, nicht aber für ihn, Thomas Geisel. Angesichts des Zwei-Meter-Manns Elbers und des 1,70-Meter-Manns Geisel eine Metapher, die man lustig finden kann. Nicht jedoch in Wahlkampfzeiten. Da schaltete sich auch Bodo Löttgen, Generalsekretär der NRW-CDU, ein und geißelte Geisels Youtube-Video als stil- und pietätlos. Es sei wohl "eine Verzweiflungstat", getrieben vom "Kalkül, auf den letzten Metern bis zur Wahl den großen Abstand zum CDU-Amtsinhaber Dirk Elbers verringern zu können". Geisel solle sich statt dessen "bei den Hinterbliebenen und Erwins Familie entschuldigen", fordert Löttgen.

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Wenige Tage vor dem Wahltermin an diesem Sonntag sieht das Essener Bürgerbündnis (EBB) seine Chancen schwinden, bei der Kommunalwahl in Essen ein gutes Ergebnis einzufahren. Stecken politische Gegner dahinter? An Zufälle mag EBB-Fraktionschef Udo Bayer nicht glauben, eher wohl an eine Verschwörung: "Es mutet höchst seltsam an, dass zehn Tage vor der Ratswahl Vorgänge skandalisiert werden, die in der Vergangenheit liegen und längst abgeschlossen sind". Was Bayer meint: Der Mammografie-Skandal um Tausende Falsch-Diagnosen bei der Brustkrebsvorsorge in Essen ist auch dem EBB vor die Füße gefallen. Im Fokus der Vorwürfe steht der Essener Arzt Karlgeorg Krüger. Er ist auch EBB-Ratsmitglied.

Zoff um Wahlplakate

Auch Wahlplakate sorgen im Wahlkampf zur NRW-Kommunalwahlkampf für örtlichen Zoff. Allen voran wohl die CDU in Duisburg. Die ließ gut 500 Wahlplakate an Laternen und Masten in der Stadt hängen, mit dem Foto der vermüllten "Problemhäuser". Das brachte wiederum der CDU Probleme, der Populismus vorgehalten wurde. Zumal die Fotos veraltet seien, weil die Häuser so gut wie geräumt sind. Der örtliche Parteichef Thomas Mahlberg erklärte, man rücke nicht davon ab, die Armutswanderung weiter zum Wahlkampfthema zu machen. Die Plakate ließ man hängen.

In Bottrop wiederum witterte die CDU "eventuell sogar rechtswidrige" Wahlwerbung der SPD. Deren Bürgermeister Bernd Tischler mache in Wahl-Flyern Werbung mit Prominenten, darunter etwa Bundespräsident Joachim Gauck und Schwedens Königin Silvia. "Es geht nicht, dass ein Amtsinhaber Fotos im Amt für Wahlkampfzwecke missbraucht", wetterte die CDU.

Überregional für Zoff sorgte auch die Düsseldorfer CDU. "Sie verlassen den schuldenfreien Sektor" ist auf Wahlplakaten an der Stadtgrenze zu lesen. Die CDU zielt damit auf die Schuldenfreiheit der Stadt ab. Stadt-Nachbarn mokierten sich über derartige Prahlerei. "Nachkriegsrhetorik" hielt man der Düsseldorfer CDU vor, die zudem mit Blick auf einige der Düsseldorf-Anreiner sachlich falsch sei. Die seien nämlich ebenfalls schuldenfrei. Die CDU in der Landeshauptstadt habe mit den Plakaten jedenfalls "die Grenzen des guten Geschmacks verlassen", urteilen Kritiker.