Düsseldorf. Seit Wochen kämpfen die Parteien um Stimmen — am 25. Mai ist Kommunal- und Europawahl. Hauptproblem: Wie kriegt man den Wähler an die Urne? Bei mieser Stimmung und “Denkzettelwahlen“ wäre das einfacher, meint Politikwissenschaftler von Alemann. So könnte das aber ein Problem werden.

Probleme gibt es in vielen nordrhein-westfälischen Kommunen zuhauf: chronische Finanznot, marode Straßen, kein Geld für Schwimmbäder und Bibliotheken. In einigen Stadtteilen gibt es zudem massive Spannungen zwischen Einheimischen und Zuwanderern aus armen Ländern. Eine Studie von Wirtschaftsprüfern ergab im vergangenen Jahr, dass der Schuldenberg deutscher Kommunen am stärksten Großstädte in NRW drückt. Ob das die Bürger am 25. Mai aus dem Sessel an die Kommunalwahlurnen treibt, ist allerdings fraglich.

Einen Stimmungstest für die rot-grüne Landesregierung sieht der Düsseldorfer Politologe Prof. Ulrich von Alemann in der Kommunalwahl nicht. "Im Großen und Ganzen sind Kommunalwahlen konzentriert auf das kommunale Geschehen - es sei denn, die Stimmung ist so schlecht, dass es Denkzettelwahlen gibt." Das sei aber weder mit Blick auf die Landesregierung noch mit Blick auf die große Koalition zu erwarten, sagte er der Nachrichtenagentur dpa.

Am 25. Mai stehen in zehn Bundesländern Wahlen für die Parlamente in den Kommunen und in Europa an. In NRW gibt es diese Kombination erstmals. "Ein interessantes Experiment für die Wissenschaft", findet von Alemann. Die Forscher könnten nun genau vergleichen, ob die Kombination die Wahlbeteiligung erhöht. Da sie bei Kommunalwahlen traditionell eher schwach und bei EU-Wahlen noch schwächer sei, erwartet der Politikwissenschaftler allerdings keinen großen Schub.

2009 lag Wahlbeteiligung auf Rekordtief von 52 Prozent

Bei der Kommunalwahl 2009 war die Beteiligung auf ein Rekordtief von 52,4 Prozent gefallen - in armen Stadtteilen ging teilweise nur jeder Vierte zur Wahl. "Eigentlich müsste jeder zur Kommunalwahl gehen, denn die Probleme sind bekannt und ganz nah", sagte von Alemann. "Aber der Bürger nimmt die Kommunalpolitik nicht so richtig als Politik wahr, er denkt in der Regel an den Bund."

Fraglich also, ob die Strategie von CDU-Chef Armin Laschet aufgeht, bei der Kommunalwahl mit dem Motto zu punkten: "Nordrhein-Westfalen nicht länger unter Wert regieren". Ansatzpunkt für die Attacke gegen SPD und Grüne sind die drückenden Finanzlasten der Kommunen.

Immerhin lag ihr Gesamtschuldenstand Ende 2012 mit über 58 Milliarden Euro so hoch wie noch nie. Ob der "Stärkungspakt Stadtfinanzen" der Landesregierung das Problem lösen kann, ist umstritten. Ende 2013 galten 32 Kommunen in NRW als überschuldet oder unmittelbar von Überschuldung bedroht.

Der Städte- und Gemeindebund meldete zum Jahreswechsel einen neuen Rekordstand an kurzfristigen Kassenkrediten. In diesem Jahr wird voraussichtlich nur jede zehnte seiner 359 kreisangehörigen Mitgliedskommunen einen strukturell ausgeglichenen Haushalt erreichen. Die meisten anderen schaffen den Ausgleich nur noch durch Rückgriffe auf ihr schwindendes Eigenkapital.

Oberbürgermeistersessel im Ruhrgebiet in "roter Hand"

Dies zu ändern, dafür tritt auch die SPD in den Kommunen an. Außerdem will sie mit dem Ausbau der Kinderbetreuungsangebote und dem von ihr durchgesetzten Mindestlohn punkten. Parteichefin Hannelore Kraft wirft sich mit 50 Wahlkampfterminen zwischen Rhein und Weser ins Zeug, um die Genossen vor Ort zu unterstützen. 2009 hatte die SPD mit 29,4 Prozent ihr schlechtestes Ergebnis bei einer Kommunalwahl in NRW eingefahren.

Auch die Wahlsiegerin CDU hatte mit ihren 38,6 Prozent allerdings Federn lassen müssen. Immerhin ist sie in NRW seit 1999 die dominierende Kraft in den Städten und Gemeinden. Nur die Oberbürgermeistersessel im Ruhrgebiet blieben überwiegend in "roter Hand". (dpa)