Berlin. . Datenschutz, Doppelpass: CSU-Chef Horst Seehofer räumt in atemberaubendem Tempo konservative Positionen in der Innenpolitik. Verstörend wirkt das vor allem auf den zuständigen Minister. Sind die beiden noch in derselben Partei? Und wenn ja: Sind sie es gerne?

Jetzt, wo die FDP keine Rolle mehr spielt, will Horst Seehofer ihren Part übernehmen. Der CSU-Chef gibt sich gerade als Liberaler: Er rückt von der Vorratsdatenspeicherung ab und weicht die Position der Union gegen die doppelte Staatsbürgerschaft auf. Delikat ist, dass er damit ausgerechnet den Innenminister, seinen Parteifreund Hans-Peter Friedrich brüskiert hat. Die Fachpolitiker der Union sind frustriert. Sind sie noch tariffähig, wenn sie am Dienstag erstmals mit ihren Kollegen von der SPD verhandeln oder ist die Innenpolitik Chefsache?

Als die NSA-Affäre hochkam, griff Seehofer den Unmut der Bürger auf. Schon damals im Sommer machte er sich für mehr Datenschutz stark und stellte die Vorratsdatenspeicherung zurück. Es war Wahlkampf, in Berlin und München regierte man mit den Liberalen. Rücksichtnahme war ein Motiv, eine andere: die Stimmung.

Datenschutz ist für ihn gleichrangig mit Terror-Bekämpfung

Doch diese Erklärungsversuche greifen zu kurz. Der Stimmungspolitiker will ernsthaft ein Umdenken einleiten. Anlass ist wieder die NSA-Affäre. „Bei allem Verständnis“ für den Anti-Terror-Kampf und die Innenpolitiker sei jetzt klar, „dass der Datenschutz gleichrangig ist“, sagte Seehofer im Focus.

Die CSU siegt in Bayern

So sehen Sieger aus...
So sehen Sieger aus... © dpa
...und so...
...und so... © dpa
...und so...
...und so... © dpa
...so auch...
...so auch... © dpa
...Hände hoch, Zeige- und Mittelfinger gespreizt...
...Hände hoch, Zeige- und Mittelfinger gespreizt... © dpa
...oder auch mal bloß mit einer Hand gewunken...
...oder auch mal bloß mit einer Hand gewunken... © dpa
...ganz wichtig: Frau umarmen...
...ganz wichtig: Frau umarmen... © dpa
...und sich dann von den eigenen Anhängern bejubeln lassen...
...und sich dann von den eigenen Anhängern bejubeln lassen... © dpa
...immer sehr schön im Falle eines Wahlsiegs: ein Bad in der Menge...
...immer sehr schön im Falle eines Wahlsiegs: ein Bad in der Menge... © dpa
...und wenn dann der politische Gegner auftaucht in Form von Christian Ude, bleiben die Arme des Wahlsiegers mal unten...
...und wenn dann der politische Gegner auftaucht in Form von Christian Ude, bleiben die Arme des Wahlsiegers mal unten... © dpa
...Ude-Anhängerin hält Schild...
...Ude-Anhängerin hält Schild... © dpa
...Claudia Roth versucht zu erklären, was ngesichts des Wahlergebnisses für die Grünen nicht so einfach zu erklären ist...
...Claudia Roth versucht zu erklären, was ngesichts des Wahlergebnisses für die Grünen nicht so einfach zu erklären ist... © dpa
...während es Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (re.) und FDP-Spitzenkandidat Rainer Brüderle (bei der Bundestagswahl) in Berlin noch etwas schwerer haben, dem Rauswurf aus dem bayerischen Landtag noch etwas Gutes abzugewinnen.
...während es Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (re.) und FDP-Spitzenkandidat Rainer Brüderle (bei der Bundestagswahl) in Berlin noch etwas schwerer haben, dem Rauswurf aus dem bayerischen Landtag noch etwas Gutes abzugewinnen. © dpa
...Der bayerische FDP-Spitzenkandidat Martin Zeil hat in den kommenden fünf Jahren keinen Platz im Landtag. Wenn, dann auf der Besuchertribüne.
...Der bayerische FDP-Spitzenkandidat Martin Zeil hat in den kommenden fünf Jahren keinen Platz im Landtag. Wenn, dann auf der Besuchertribüne. © dpa
...bei der SPD hofft Bundesvorsitzende Sigmar Gabriel (r) und Kanzlerkandidat Peer Steinbrück, dass die CSU-Wähler glauben, das Thema Wahl sei für sie in diesem Jahr abgehakt...
...bei der SPD hofft Bundesvorsitzende Sigmar Gabriel (r) und Kanzlerkandidat Peer Steinbrück, dass die CSU-Wähler glauben, das Thema Wahl sei für sie in diesem Jahr abgehakt... © dpa
...und dass die SPD in Bayern so ungefähr zwei Prozentpunkte an Stimmen hinzugewonnen hat, muss auch nochmal gesagt werden, weil das sehr positiv zu sein hat für die SPD...
...und dass die SPD in Bayern so ungefähr zwei Prozentpunkte an Stimmen hinzugewonnen hat, muss auch nochmal gesagt werden, weil das sehr positiv zu sein hat für die SPD... © dpa
...Hubert Aiwanger, Spitzenkandidat der Freien Wähler, kann sich nicht so recht freuen über das Wahlergebnis in Bayern. Immerhin: Die Freien Wähler bleiben im Landtag.
...Hubert Aiwanger, Spitzenkandidat der Freien Wähler, kann sich nicht so recht freuen über das Wahlergebnis in Bayern. Immerhin: Die Freien Wähler bleiben im Landtag. © dpa
...Für die CDU ballt Generalsekretär Hermann Gröhe die Faust. Möglicherweise auch ein Signal in punkto interne Machtkämpfe in der Union, die nun nahen.
...Für die CDU ballt Generalsekretär Hermann Gröhe die Faust. Möglicherweise auch ein Signal in punkto interne Machtkämpfe in der Union, die nun nahen. © dpa
Und zum Abschluss nochmal der Herr, der nach diesem Wahlsonntag in Bayern möglicherweise Muskelkater im Nacken- und Armbereich haben wird. Ach so, der Name war oben bisher nicht genannt? Horst Seehofer.
Und zum Abschluss nochmal der Herr, der nach diesem Wahlsonntag in Bayern möglicherweise Muskelkater im Nacken- und Armbereich haben wird. Ach so, der Name war oben bisher nicht genannt? Horst Seehofer. © dpa
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Bei der Vorratsdatenspeicherung geht es darum, dass die Verbindungsdaten der Kommunikationsanbieter für einen bestimmten Zeitraum nicht gelöscht werden. In Verdachtsfällen kann die Polizei rückwirkend analysieren, wer mit wem telefonierte oder Mails austauschte. Seehofer meint, dass eine Frist von sechs Monaten zu lang sei. Die Position ist faktisch geräumt, es sei denn – verkehrte Welten –, dass die SPD die Union rechts überholt. Eine Große Koalition wird vermutlich erst ein europäisches Urteil abwarten.

Zugeständnisse bei der doppelten Staatsbürgerschaft

Härter trifft Innenpolitiker der Union, dass Seehofer auch bei der doppelten Staatsbürgerschaft Zugeständnisse machen will. Er möchte den Zwang abschaffen, sich spätestens mit 23 Jahren für eine Nationalität zu entscheiden. Erst auf Drängen der Union war der Optionszwang eingeführt werden. Viele in der CDU fragen sich aber heute wie Seehofer, ob die „Zerreißprobe“ die Bereitschaft erhöhe, sich in Deutschland zu integrieren. Eine rhetorische Frage.

Schon in den Gesprächen mit den Grünen hatte der CSU-Chef seinen Parteifreund Friedrich bloßgestellt. Der SPD schlägt er nun als Lösung vor, eine Staatsbürgerschaft ruhen zu lassen. Teile der Union sind darüber erbost, Friedrich ist bockig. Er gab zu verstehen, dass er der SPD keinen Reformvorschlag machen werde. Im Klartext: Das soll Seehofer machen. Vom CSU-Chef hängt indes auch ab, ob Friedrich Innenminister bleibt.